Schauderhaft und skurril

Schauderhaft und skurril

Die Nationalgalerie stellt im Neustädter Rathaus die surreale Seite von Roman Trabura vor

25. 11. 2015 - Text: Alena Gold, Bild: Roman Trabura - Unrest Planet

Wer eine klassische Bilderausstellung erwartet, ist hier fehl am Platz. Mit der Schau „Koberec“ („Teppich“) präsentiert die Nationalgalerie im Neustädter Rathaus Werke, bei denen sich die Pinselstriche nicht auf den herkömmlichen Bildträgern befinden. Wie der Titel der Schau andeutet, sind es vor allem Teppiche, die dem tschechischen Künstler Roman Trabura als Malgrund dienen. Seine Motive gestaltet er aber auch auf Filz und Spanplatten.

Neben Comics und Porträts sind hauptsächlich Landschaftsbilder zu sehen. Aufgeteilt in drei Räumen widmet sich der erste Teil der Ausstellung surrealen Szenerien, die von leuchtenden Farben und fantastischen Figuren leben. Obwohl die Portraits im nächsten Raum auf den ersten Blick realistischer erscheinen, erweisen sich deren Motive als gleichermaßen skurril. Die Gesichter blicken den Betrachter oft erschrocken, mit weit aufgerissenen Augen und geöffnetem Mund an. Die starken Farbkontraste unterstreichen ihren Ausdruck.

Im letzten Raum zieht das Herzstück der Ausstellung sofort alle Aufmerksamkeit auf sich: ein großer orientalischer Teppich. Um dessen Mittelpunkt hat Trabura fünfmal das Gesicht eines Mannes mit langem schwarzen Bart und weißem Turban gemalt, das im Uhrzeigersinn immer kleiner wird und verblasst. Wie die zuvor Porträtierten blickt auch er den Betrachter mit weit aufgerissenen Augen an. Im selben Raum sind Bilder mit apokalyptischen, detailreichen Szenerien zu sehen.

Mit ihrer Ausdrucksstärke zwingen die Werke den Betrachter nahezu, über ihren Bezug nachzudenken, der mit Motiven wie Krieg und Zerstörung oft empfindlich den Nerv der Zeit trifft.

Roman Trabura war 18 Jahre alt, als er 1978 seinen Geburtsort Vsetín verließ und nach Prag zog. Hier schloss er sich verschiedenen Künstlergruppen an, die im Untergrund aktiv waren. Aufgrund seiner politischen Einstellung verzichtete er auf ein Studium, beschäftigte sich jedoch intensiv mit Kunstgeschichte und nahm Privatunterricht im Malen. Seine Werke wurden erstmals 1985 in einer Gruppenausstellung präsentiert. In den neunziger Jahren holte er schließlich ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Prag nach. Heute sind seine Werke in zahlreichen Galerien in Europa zu sehen.

Roman Trabura – Koberec. Neustädter Rathaus (Karlovo náměstí 1, Prag 2) geöffnet: täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 50 CZK (ermäßigt 20 CZK), bis 18. Dezember, www.nrpraha.cz

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