Schattige Zukunft

Schattige Zukunft

Die Installation von Solaranlagen ist günstig wie nie. Die Branche lahmt trotzdem

14. 3. 2013 - Text: Nancy WaldmannText: Nancy Waldmann; Foto: FuFuWolf

In der Solarbranche wirbt man am liebsten mit blauem Himmel und Sonnenschein. Aber die gute, saubere Energie hatte zuletzt an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Es ist herausgekommen, dass die hohen staatlichen Einspeisevergütungen bis zum Jahr 2011 durch heimliche Absprachen zwischen Solarunternehmern und Mitarbeitern der Energie-Regulierungsbehörde (ERÚ) zustande gekommen waren. Bislang ist zwar noch nicht geklärt, inwiefern die Preise rechtswidrig waren – der tschechische Verband der Solarenergie-Hersteller CZEPHO bestreitet dies. Aber in einem Gewerbe, das nicht nur Energie, sondern Nachhaltigkeit und gutes Gewissen verkauft, kann sich auch nur die Vermutung korrupter Machenschaften vernichtend auswirken. Hinzu kommen intransparente Eigentumsstrukturen. Hinter fünf der zwanzig größten Solarkraftwerke Tschechiens stehen Inhaberaktiengesellschaften mit anonymen Anteilseignern – ein Vorteil, wenn man unsaubere Geschäfte abwickeln will.

Solarbranche war Goldgrube
Das 2005 eingeführte Fördersystem sei anfänglich erfolgreich gewesen, sagt Martin Mikeska, Energieexperte der Umweltschutzorganisation „Hnutí duha“. „Das Problem tauchte auf, als innerhalb von vier Jahren die Installation von Photovoltaik-Anlagen um 70 Prozent billiger wurde. Dagegen blieben die Einspeisetarife tatsächlich übernormal hoch.“ Die Solarbranche wurde zur Goldgrube für Investoren aus dem In- und Ausland. Mikeska berichtet von einem Bäcker, der seine Bäckerei verkaufte, um in einen Solarpark zu investieren. Immer mehr große Solaranlagen auf freiem Feld entstanden. Mitte 2012 hatten sie eine Kapazität von fast 2.000 Megawatt, das entspricht ungefähr zwei Atommeilern.

Seit vor zwei Jahren die Förderung für große Anlagen abgeschafft und eine 26-Prozent-Steuer eingeführt wurde, investiert kaum ein Unternehmen noch in neue Solarparks. Das mitten im Boomjahr 2008 in Prag gegründete Unternehmen „Photon Energy“ will von der staatlichen Förderung ganz wegkommen. „Die Zukunft der Solarenergie liegt für uns im Grid-Parity-Bereich, also in Projekten für Kunden, für die Solarenergie bereits jetzt günstiger ist, als Strom vom Netz“, sagt Georg Hotar, Geschäftsführer von „Photon Energy“. Seine Firma plant nun nach Nordamerika, Australien, Rumänien und die Türkei zu expandieren. Dort wird der nächste Solarboom erwartet.

Tschechien ist kein lohnenswerter Markt mehr, immerhin will man bestehende Kraftwerke weiter betreiben. Das ist nicht selbstverständlich. Denn viele Investoren haben ihre Kraftwerke verkauft. Der Solarmodulhersteller Schott Solar schloss im letzten Jahr seine Photovoltaik-Fertigung in der mährischen Stadt Valašské Meziříčí.
Der Rückzug der Großen wäre eine Chance für ein dezentralisiertes, aus vielen kleinen Quellen gespeistes Stromnetz wie es sich Martin Mikeska von „Hnutí duha“ wünscht. „Photovoltaik als Selbstversorger-Option, das ist auch eine soziale Frage.“ Die Investitionskosten für Solaranlagen sind so günstig wie nie, während der Preis für Netzstrom steigt. So installieren sich immer mehr private Hausbesitzer Solarplatten aufs Dach und senken damit die eigenen Energieausgaben. Für kleine Anlagen mit einer Leistung unter 30 Kilowatt bekommt man derzeit vom Staat noch eine Einspeisevergütung von umgerechnet 2,83 Kronen (rund 11,3 Cent) pro Kilowattstunde oder 2,28 Kronen (9,1 Cent) „grünen Bonus“. In Deutschland sind es 16 Cent bei gleicher Anlagengröße. Im Vergleich zu 2012 hat die tschechische Regierung die Einspeisevergütung um mehr als die Hälfte zurückgefahren.

Warteschlange für Lizenzen
Es ist jedoch weniger die abnehmende Förderung, die die Solarenergie in Tschechien bremst. Das Problem sei das vom Staat begrenzte Kontingent an Solaranlagen, dass es auch für Hausbesitzer schwierig macht, eine Lizenz von der Energie-Regulierungsbehörde zu erhalten, erklärt Mikeska. Die Frage ist, wohin mit dem Strom an sonnenreichen Tagen. Batterie- und Speichermöglichkeiten sind für Selbstversorger noch unterentwickelt, gleichzeitig lassen Stromnetzbetreiber nicht so viel Sonnenenergie ins Netz, wie theoretisch möglich. Denn im Netz müssen Kapazitäten freigehalten werden für den Atomstrom, den die Regierung Nečas trotz der stetig steigenden Kosten als Zukunftstechnologie auserkoren hat. Beim Anteil der erneuerbaren Energien, der schon jetzt bei etwa 11 Prozent liegt, macht man keine Anstalten, das mit der EU vereinbarte Minimalziel von 13,5 Prozent im Jahr 2020 zu übertreffen. Es wäre ein Leichtes.