Nichts geht mehr

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Höhere Steuer auf Glücksspiel scheitert im Parlament – an einer Endlosrede von Kalousek

13. 10. 2015 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Miroslav Kalousek/Veronika Rejmanová/TOP 09

Wenn die Würfel gefallen sind, soll künftig auch der Staat mehr kassieren: Die tschechische Regierung möchte Glücksspiel so bald wie möglich höher besteuern. Nachdem ein entsprechender Vorschlag des Abgeordneten Jan Volný (ANO) in der vergangenen Woche im Unterhaus gescheitert war, wandelten die Vertreter der Koalition ihn am Montag in einen Regierungsentwurf um. Der könnte im beschleunigen Verfahren durchs Parlament und so bereits ab Anfang des kommenden Jahres gelten.

Die Minister einigten sich auf eine Gebühr von 80 Kronen pro Spielautomat und Tag. Derzeit liegt sie bei 55 Kronen. Außerdem sollen zwei Steuersätze in Höhe von 23 und 28 Prozent festgelegt werden; welcher zur Geltung kommt, wird von der Art des Spiels abhängen. Momentan müssen 20 Prozent an den Staat abgeführt werden.

„Das ist eine provisorische Lösung, bis es gelingt, im Parlament eine grundlegende Änderung zu beschließen“, erklärte Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD). Damit im Abgeordnetenhaus wieder sachlich über das Thema diskutiert werden kann, müssen sich erst einmal die Wogen glätten.  Denn bei der Beratung über Volnýs Vorschlag am Mittwoch vergangener Woche hatte der TOP-09-Vorsitzende Miroslav Kalousek für einen Eklat gesorgt. Er versprach, er werde viele Stunden reden und nicht nur die Rechtsgrundlagen des Glücksspiels in Tschechien erläutern, sondern auch auf die Gesetze in der Slowakei, Russland oder Korea eingehen. Informiert hatte er sich dazu in einer Diplomarbeit, die er im Internet gefunden hatte.

Der ehemalige Finanzminister sprach etwa drei Stunden, offenbar mit dem Ziel, eine Abstimmung zu verhindern. Kalousek kritisierte, dass über Volnýs Vor­schlag vor denen anderer Abgeordneter beraten worden sei. Seiner Meinung nach schaffe die Koalition dadurch im Unterhaus verschiedene Kategorien von Parlamentariern statt alle gleich zu behandeln. Politiker von ANO dagegen beschuldigen Kalousek und seine Kollegen von TOP 09, gegen eine Erhöhung der Glücksspielsteuer zu sein. Nachdem die Sitzung spätabends unterbrochen worden war, sprachen sich die Parlamentarier am nächsten Tag dafür aus, die Debatte nicht weiterzuführen.

Wenig besänftigend wirkte am Montag Finanzminister Andrej Babiš (ANO). Er warf den Abgeordneten der anderen Koalitionsparteien Jan Bartošek (KDU-ČSL) und Ladislav Šincl (ČSSD) vor, sie ließen sich von der Glücksspiel-Lobby beeinflussen. In diesem Zusammenhang nannte er auch Kalousek und den parteilosen Senator und Eigentümer des Wettanbieters Synot Ivo Valenta.

Šincl wies die Vorwürfe zurück. „Ich habe dazu nichts mehr zu sagen. Der Minister hat wohl etwas gegen mich“, so der Sozialdemokrat. „Ich würde sagen, er ist ein vollkommener Narr“, fügte er hinzu. Bartošek wollte sich nicht äußern. Für den Christdemokrat reagierte sein Parteifreund, Landwirtschaftsminister Marian Jurečka. Er forderte Babiš auf, sich zu entschuldigen.

In den Schubladen der Abgeordneten sammeln sich unterdessen schon die Vorschläge für eine neue Glücksspielsteuer. In einem früheren Entwurf, den die Regierung Ende Juli beschlossen hatte, schlugen die Koalitionsparteien drei Steuersätze vor: 25 Prozent für Quotenwetten und Tombolas, 30 Prozent für Lotto, Bingo und Live-Spiele und 35 Prozent für Spielautomaten.