Mit Offensivkraft zum Maximum

Mit Offensivkraft zum Maximum

Ein Sparta-Quartett soll Tschechiens U21-Team bei der Heim-EM zum Titel verhelfen

11. 6. 2015 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: FA ČR

Für den tschechischen Fußballverband ist es der Höhepunkt des Jahres. Und für diesen scheuen die Verantwortlichen um Präsident Miroslav Pelta keinen Aufwand, um sich und das Heimteam im besten Licht zu präsentieren. Die U21-EM in Prag, Olomouc und Uherské Hradiště soll ein Fußballfest werden, bei dem der tschechischen Auswahl eine Hauptrolle zugedacht ist. Der Verband ließ nicht nur eine umfangreiche Internetseite extra für das zweiwöchige Turnier erstellen, sondern sogar von jedem Spieler einen rund dreiminütigen Porträtfilm produzieren. Selten war der Rummel um eine Nachwuchsmannschaft größer in dem Land, wo Erfolge im Fußball zwar gebührend beachtet, selten aber so gefeiert werden wie beim Eishockey. Das wollen Trainer Jakub Dovalil und sein 23 Mann starker Kader ab dem 17. Juni ändern, wenn es um den Gewinn der europäischen Krone auf höchster Juniorenstufe geht.

„Ich will als Profisportler natürlich immer das Maximum. Und das ist in diesem Fall der Gewinn des Titels vor heimischem Publikum. Auch wenn das schwierig wird, wir glauben daran“, erläutert Sparta Prags Jungstar Ladislav Krejčí in dem Kurzfilm seinen Traum. Der 23-jährige offensive Mittelfeldmann in Diensten des tschechischen Rekordmeisters gehört zu Dovalils Schlüsselfiguren im Kampf um den ersehnten Pokal.

Vergangenen Sonntag gab der 41-jährige Trainer sein Aufgebot bekannt. Neben Krejčí stehen mit Jakub Brabec, Pavel Kadeřábek und Václav Kadlec drei weitere Sparta-Akteure im tschechischen Kader. Auch ihre Form wird von zentraler Bedeutung sein, wenn es um das Erreichen der gesetzten Ziele geht. Mit Kadlec und Kadeřábek verbindet Krejčí auch die ehrenvolle Aufgabe, im EM-Qualifikationsspiel der A-Mannschaft gegen Island am Freitag, 12. Juni mit von der Partie zu sein. Das Duell in Island ist das Spitzenspiel der Gruppe A und könnte schon eine Vorentscheidung auf dem Weg nach Frankreich 2016 bedeuten. Danach stoßen Krejčí und Co. wieder zu ihren Altersgenossen. Probleme haben sie damit anscheinend keine. „Ich freue mich riesig auf die EM zuhause. Das wird das Größte sein, was ich bisher in meiner Karriere erlebt habe“, so Defensivspezialist Kadeřábek.

Dovalil sucht seine Startelf
Ob das Sparta-Quartett beim Eröffnungsspiel gegen Dänemark schon geschlossen in der Startelf stehen wird, weiß Dovalil noch nicht. Nach dem überzeugenden 3:0-Testsieg gegen die U21-Auswahl der Ukraine vergangenen Samstag im österreichischen Wörgl lieferten ihm einige vermeintliche Ersatzspieler gute Argumente, auch auf sie setzen zu können.
Vor allem Jan Kliment (Vysočina Jihlava) und Tomáš Přikryl (Dukla Prag) gefielen in der Rolle von Kadlec als einzige echte Spitze. Beide erzielten jeweils einen Treffer. Eigentlich wäre Jiří Skalák von Mladá Boleslav als „Backup“ für Kadlec vorgesehen, eventuell auch als Sturmpartner. Der 23-Jährige aus Pardubice ist einer der Aufsteiger der abgelaufenen Synot-Liga-Saison. Mit sechs Treffern und drei Torvorlagen trug er wesentlich dazu bei, dass sich sein Verein für den Europapokal qualifizierte. Doch Skalák kämpft mit Knieproblemen. „Die Ärzte haben mir vor einer Woche gesagt, dass die Chancen für einen EM-Einsatz bei 50 Prozent stehen, nun sind es schon 70. Ich hoffe, es reicht noch“, gibt sich Skalák zuversichtlich.

Auch in der Abwehr ist die Anfangsformation für den 17. Juni noch nicht gefunden. Dovalil ließ gegen die Ukraine an der Seite von Innenverteidiger Brabec Pilsens Jan Beránek auflaufen. Der frisch gekürte tschechische Meister konnte seinen Übungsleiter allerdings nicht überzeugen. In der defensiv stabileren zweiten Halbzeit verteidigten Jan Kalas (1. FC Köln) und Roman Polom (Dukla Prag). Letzterer flog am Sonntag trotz ansprechender Leistung aus dem Kader, Kalas wiederum ist etatmäßiger Kapitän und gesetzt – doch gegen Dänemark gesperrt. „Im Prinzip kann auch Ondřej Petrák in der zentralen Verteidigung spielen“, so Dovalil. Der Profi des 1. FC Nürnberg ordnet normalerweise das defensive Mittelfeld. An seiner Seite können sich am ehesten Slavias Jaromír Zmrhal und Adam Jánoš von Vysočina Jihlava Chancen auf einen Stammplatz ausrechnen.

Eine der stärksten Waffen der tschechischen U21 dürfte die Flügelzange mit Ladislav Krejčí und Lukáš Masopust (Baumit Jablonec) oder auch Přikryl sein, dessen Position im Team davon abhängt, wo der gesetzte Kadlec spielt. Letztendlich verfügt der Trainer vor allem in der Offensive über ein beachtliches Potential. Dovalil lässt sich allerdings noch nicht in die Karten schauen, mit welchem System er ins Turnier starten möchte. Gegen die Dänen wie auch gegen Serbien dürfte sein Motto wie gewohnt eine etwas offensivere Variante seines bevorzugten 4-2-3-1 sein. Die Taktik gegen Titelfavorit Deutschland im abschließenden Gruppenspiel wird von der Tabellensituation abhängen. Dovalil und sein Team hoffen mit einer ganzen Fußballnation, dass man am Dienstag, 23. Juni nicht mehr volles Risiko gehen muss und schon für das Halbfinale qualifiziert ist. Das wäre dann auch das direkte Ticket für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.