Mit Gleichberechtigung zum Erfolg
Frauen in Führungspositionen sind in Tschechien noch immer selten
17. 2. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: Katharina Wiegmann; Foto: APZ
Tschechische Frauen sind gut ausgebildet. Zumindest an den Schulen und Universitäten des Landes ist die volle Gleichstellung erreicht, glaubt man dem im November veröffentlichten Bericht „Global Gender Gap“, mit dem das Weltwirtschaftsforum die Gleichstellung von Mann und Frau in 145 Ländern bewertet.
Tschechien landete auf Platz 86 – hinter Russland, Rumänien, Venezuela und Montenegro. Das liegt vor allem daran, dass hierzulande sehr wenige Frauen in der Politik mitbestimmen. Noch weniger präsent sind sie aber in der Wirtschaft. Berücksichtigt man nur die Wertung „Chancen und Partizipation im Arbeitsleben“, belegt das Land Platz 94.
„Es macht keinen Sinn, nur das halbe Potenzial der Bevölkerung zu nutzen“, sagt dazu Vesselin Barliev von der Plattform „Byznys pro společnost“. Am Freitag diskutierten Vertreter der Organisation mit Unternehmern und Jiří Dienstbier (ČSSD), Minister für Menschenrechte und Gleichstellung, über einen Aktionsplan, der für mehr Gerechtigkeit in den Führungsgremien sorgen soll.
„Byznys pro společnost“ hat Daten von 27.000 Aktiengesellschaften und 414.000 GmbHs erhoben. Die Aufsichtsräte der Aktiengesellschaften sind zu 38 Prozent mit Frauen besetzt, in den Vorständen sind 20 Prozent weiblich. Bei den am Umsatz gemessenen 250 größten Firmen sind nur 13,1 Prozent der Aufsichtsräte weiblich; 41 Prozent der Finanzinstitute haben überhaupt keine Frauen in Führungsgremien. Von den befragten Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehören 78 Prozent Männern.
Firmenvertreter sehen den Grund für das Ungleichgewicht darin, dass es vor allem in staatlichen Unternehmen ohnehin an weiblichen Mitarbeitern fehlt. Frauen hätten dort 15 Prozent der Sitze in Aufsichtsräten inne, obwohl ihr Anteil an der Belegschaft weniger als fünf Prozent betrage. Die Unternehmen wünschen sich aber auch mehr Unterstützung vom Staat, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, konkret um die schnelle Rückkehr von Frauen aus dem Mutterschutz.
Verbindliche Quoten für Aufsichtsräte plant Dienstbier derzeit nicht. Stattdessen könnten vorbildliche Unternehmen belohnt werden, zum Beispiel in Form von Steuernachlässen. Zudem sollen Entscheidungsprozesse transparenter werden. Ziel der Regierung ist es, bis 2020 den Anteil von Frauen in Führungspositionen auf 40 Prozent zu heben – vor allem in börsennotierten und staatlichen Unternehmen. Vesselin weist auch darauf hin, dass gemischte Teams erwiesenermaßen produktiver arbeiteten. „Es sollte als Strategie für wirtschaftlichen Erfolg gesehen werden“, findet auch der Minister. Je breiter Unternehmen auf der Führungsebene aufgestellt seien, desto besser könnten sie auf die Bedürfnisse der Gesellschaft reagieren – die in Tschechien zu 51 Prozent aus Frauen besteht.
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