Leere Versprechungen?

Leere Versprechungen?

Gewerkschaften fordern allgemeine Lohnerhöhung für Staatsangestellte. Andernfalls drohen sie mit Streik

23. 7. 2014 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Xpicto

Die tschechischen Gewerkschaften haben eine Protestwelle angekündigt. Sollte die Regierung die für das kommende Jahr angekündigte Lohnerhöhung um 3,5 Prozent nicht allen Angestellten im öffentlichen Dienst gewährleisten, wollen sie Anfang Herbst in Streik treten. Das gab der Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes ČMKOS Josef Středula Mitte Juli bekannt. Die Gewerkschaften befürchten, dass die Ende Mai vom Kabinett beschlossene Lohnerhöhung für Staatsangestellte nicht allgemein für alle im öffentlichen Dienst Beschäftigten gilt. Beispielsweise könnte ein Teil der versprochenen Gelder für Ausgleichszahlungen oder Prämien genutzt werden, so Středula nach einem Treffen der Gewerkschafter mit dem Senatsvorsitzenden Milan Štěch (ČSSD), der den Verbänden seine Unterstützung zusagte.

„Die Lage ist ernst und spitzt sich zu. Wenn sich das Problem nicht löst, rechnen wir in den ersten Herbstmonaten mit Protestaktionen der Gewerkschaften. Vor uns liegen die Wahlen, ein interessanter Termin für Verhandlungen“, sagt Středula. Für die bisherigen Verhandlungen mit der Regierung fand er zwar lobende Worte, die Lohnerhöhung sei jedoch der erste Punkt, der zu einem ernsthaften Konflikt führen könnte, so der Gewerkschaftschef.

Laut Středula garantiere die beabsichtigte Gehaltssteigerung nicht für alle gleichermaßen mehr Geld im Portemonnaie. „Das ist wie in einem Märchen von Hans Christian Andersen. Jemand verspricht 3,5 Prozent, gleichzeitig sagt er, er muss zunächst alte Fehler beheben und dann, dass der Beschluss erst ins Gesetz zum Staatsdienst aufgenommen werden muss. Am Ende bekommen die Leute vielleicht 200 oder 300 Kronen mehr.“ Dabei, so Středula, lägen die ersten fünf Gehaltsklassen noch unter dem Mindestlohn.

Verhandlungen Ende Juli
Die Gewerkschaften verlangen daher, dass die von der Regierung innerhalb des Haushaltsentwurfs zugesicherten Mehrausgaben ausschließlich in eine Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Dienst fließen. Einen Ausgleich der Lohntabellen oder der vertraglichen Verdienste müsse das Kabinett aus einem anderen Topf bewerkstelligen, fordert Středula. Wie hoch die Summe der dafür notwendigen Gelder ist, bleibt vorerst unklar. Schätzungen zufolge werden für einen Ausgleich der Lohntabellen zwischen 2,5 und 3 Milliarden Kronen (etwa 90 bis 110 Millionen Euro) benötigt.

Über die Gehaltserhöhung wollen die Gewerkschaften Ende Juli mit der Regierung verhandeln. Das Thema soll außerdem Anfang September bei den Debatten um den Staatshaushalt besprochen werden. Středula bittet zudem um ein Treffen mit Finanzminister Andrej Babiš (ANO) und Premier Bohuslav Sobotka (ČSSD).

Welche Gestalt die Gehaltserhöhung konkret annimmt, soll eine detaillierte Analyse in den folgenden Wochen ergeben. „Wir als Sozialdemokraten unterstützen es natürlich, dass der größte Teil der 3,5 Prozent in eine Erhöhung der Tariflöhne fließt. Aber ob das möglich ist, muss erst eine genaue Berechnung des Ressorts zeigen“, so der Minister für Schulwesen, Jugend und Sport Marcel Chládek (ČSSD).

Senatschef Štěch, von 2002 bis 2010 selbst ČMKOS-Vorsitzender, sagte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, dass der ursprüngliche Entwurf der Regierung von einem schnelleren Gewinnwachstum im öffentlichen Sektor ausgeht. Die Lohnsteigerung könnte aus höheren Unternehmenssteuern oder neuen Steuern in dem Sektor finanziert werden, meint Štěch. „Wenn wir uns dem Lebensstandard in den westlichen Ländern annähern wollen, müssen die Löhne schneller steigen.“