Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Die Regierung will einen dritten Mehrwertsteuersatz einführen

28. 5. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: lju

Die tschechische Regierung will einen zweiten ermäßigten Mehrwertsteuersatz einführen. Einen entsprechenden Entwurf hat das Finanzministerium in der vergangenen Woche vorgelegt. Zusätzlich zum regulären Satz von 21 und dem ermäßigten von 15 Prozent soll es demnach einen dritten Satz in Höhe von zehn Prozent geben, der unter anderem für Anfangs- und Folgenahrung für Säuglinge, für einige Impfstoffe und Medikamente sowie für Bücher und Noten gilt.

Noch unklar ist, ob der zweite ermäßigte Steuersatz auch auf Kinderwindeln erhoben werden kann. Das sei noch nicht gelöst, heißt es in den Unterlagen des Ministeriums. Es bestehe das Risiko, dass die Aufnahme der Windeln in die Liste der Produkte mit dem zweiten ermäßigten Steuersatz zu Problemen mit der Europäischen Union führt, da sie einen Verstoß gegen das gemeinsame EU-Recht darstellen könne. Bereits Anfang Mai hatte Finanzminister Andrej Babiš (ANO) nach Verhandlungen in Brüssel erklärt, es werde Tschechien wahrscheinlich nicht gelingen, den ermäßigten Steuersatz für Babywindeln einzuführen. „Wir glauben, dass das ein verlorener Kampf ist, aber unser Koalitionspartner besteht darauf, also versuchen wir es“, hatte Babiš damals gesagt.

Der Finanzminister glaubt nicht, dass die Verbraucher von dem dritten Mehrwertsteuersatz profitieren werden. Seiner Meinung nach wirke sich dieser etwa bei Medikamenten kaum auf den Endpreis aus. Babiš plädiert stattdessen für eine neue Diskussion über den bereits existierenden ermäßigten Mehrwertsteuersatz, der ihm zufolge zu den höchsten in Europa gehört. Er würde am liebsten beide derzeit gültigen Sätze senken. Auch einige Experten aus der freien Wirtschaft hatten die Pläne der Regierung kritisiert: Der dritte Mehrwertsteuersatz sei unsystematisch und verkompliziere das Steuersystem.

Die Mehrheit der Regierungskoalition sieht das jedoch anders und will den Mehrwertsteuersatz – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – von Januar 2015 an für Medikamente, Bücher, Kinderwindeln und Babynahrung auf zehn Prozent senken. Berechnungen des Finanzministeriums zufolge könnte die Einführung des dritten Mehrwertsteuersatzes den Staatshaushalt im kommenden Jahr um etwa drei Milliarden Kronen bringen und eine Familie mit einem Kleinkind allein beim Windelkauf jährlich um fast 1.000 Kronen (etwa 36 Euro) entlasten.

Die Pläne der Vorgängerregierung, die bisherigen Mehrwertsteuersätze in Höhe von 21 und 15 Prozent von Januar 2016 zu einem einheitlichen Satz zusammenzuführen, der bei 17,5 Prozent liegen sollte, werden in dem neuen Vorschlag verworfen.