Jetzt lacht niemand mehr

Jetzt lacht niemand mehr

Trainer Ronen Ginzburg führt Tschechiens Basketballer in unbekannte Höhen. Die Nationalmannschaft darf nun weiter von Olympia träumen

23. 9. 2015 - Text: Marcus Hundt, Foto: Basketball Nymburk

Mit diesem Ergebnis haben die wenigsten Experten gerechnet. Die tschechischen Basketballer haben bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Europameisterschaft den siebten Platz belegt. Im Verlauf des Turniers, das erstmals in vier Ländern ausgetragen wurde, gewann die Mannschaft überraschend aber verdient gegen Lettland und Kroatien. Den späteren Vize-Europameister aus Litauen, der im Finale den Spaniern unterlag, brachten die Tschechen an den Rand einer Niederlage – die Partie wurde erst in der Verlängerung entschieden.

Der Vater des Erfolgs heißt Ronen Ginzburg, der ab der kommenden Saison auch den tschechischen Serienmeister ČEZ Basketball Nymburk trainieren wird. Als er im Dezember 2013 die Nationalmannschaft übernahm, gab der Israeli ein großes Ziel aus: die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro. „Damals wurde ich von allen ausgelacht“, erinnert sich Ginzburg, „aber ich habe von der ersten Minute an fest daran geglaubt.“ Heute lacht niemand mehr, denn als eines der besten acht Teams aus Europa nehmen die Tschechen im kommenden Jahr am Qualifikationsturnier für Rio teil. Der erste Schritt zu Olympia ist also getan.

Und der hat dem Team um den 25-jährigen Korbjäger Jan Veselý einiges abverlangt: Neun Spiele in 14 Tagen, dazwischen ein Flug von Riga, wo die Gruppenspiele stattfanden, ins französische ­Lille, den Ort der Finalrunde. „Es grenzt schon an Wahnsinn, was die Jungs da geleistet haben. Und im letzten Platzierungsspiel haben sie große Moral bewiesen“, spielte Nationaltrainer Ginzburg auf die Verletzung von Schlüsselspieler Petr Benda an, der sein Team gegen die Letten von der Ersatzbank aus anfeuerte.

Am Ende konnten die tschechischen Basketballer fünf EM-Siege feiern – mehr als bei den drei vorangegangenen Europameisterschaften zusammen. Als Verlierer verließen sie den Platz nur gegen Serbien (im Viertelfinale), Italien und Litauen (in der Gruppenphase), allesamt Großmächte im europäischen Basketball.

Ausflug zum Mars
Wichtiger als die Chance auf die Olympia-Teilnahme ist dem Coach die direkte Qualifikation für die EM 2017: „Wir sparen uns dadurch kraftraubende Qualifikationsspiele und können uns in Ruhe auf die Titelkämpfe vorbereiten.“ In den nächsten Jahren will der 52-Jährige eine konkurrenzfähige Mannschaft aufbauen; der siebte Platz sei zwar eine „hervorragende Leistung“, doch auch das bisher beste Abschneiden einer tschechischen Auswahl bei einem großen Turnier könne noch gesteigert werden. „Wir erleben derzeit eine herausragende Generation von Spielern, die alle um das Jahr 1995 geboren wurden. Und wenn die weiterhin Erfahrungen sammeln, werden sie die nächste EM nicht mehr als Ausflug zum Mars begreifen, sondern wissen, was sie erwartet. Die Mannschaft wird sich noch stärker präsentieren und allen zeigen, dass der siebte Platz keine Eintagsfliege war“, ist Ginzburg überzeugt.

Für die jüngsten Erfolge sei laut dem Trainer auch der tschechische Basketballverband ČBF verantwortlich, der in den vergangenen Jahren verstärkt auf den Nachwuchs setze. „Die wollen dort wirklich etwas verändern.“ Die Nationalmannschaft sei jedoch auch auf die tschechischen Vereine angewiesen. „Bislang spielt lediglich Nymburk in europäischen Wettbewerben. Aber auch Spieler wie Jakub Šiřina (von BK Opava, Anm. d. Red.) müssen Erfahrungen im Eurocup sammeln, um sich zu verbessern. Die Klubs sind sicher in der Lage, die Spieler gut auszubilden. Das allein reicht allerdings nicht aus.“