„Jeder kennt Prag und Škoda – und dann?“

„Jeder kennt Prag und Škoda – und dann?“

Interview mit Tomáš Sacher, dem neuen Leiter des Tschechischen Zentrums in Berlin

20. 1. 2016 - Text: Stefan WelzelInterview: Stefan Welzel; Foto: Tomáš Sacher

Tomáš Sacher ist seit Anfang dieses Jahres neuer Direktor des Tschechischen Zentrums in Berlin. Der ehemalige Redakteur des Wochenmagazins „Respekt“ will in Zukunft verstärkt Wissenschaft und Wirtschaft mit dem kulturellen Angebot des Zentrums verknüpfen. Der 32-Jährige wünscht sich, dass neue Bilder in den Köpfen der Deutschen entstehen, wenn sie sich mit ihrem Nachbarland beschäftigen.

Sie haben lange als Journalist und Moderator gearbeitet. Nun leiten Sie das Tschechische Zentrum in Berlin. Wie bereitet man sich auf eine solche Aufgabe vor?

Sacher: Ich arbeite schon seit zwei Jahren, also seit ich in Berlin wohne, regelmäßig mit dem Tschechischen Zentrum zusammen. Ich habe Diskussionsrunden und Debatten mitgestaltet und auch moderiert, zum Beispiel mit Tomáš Sedláček oder Tomáš Halík. So neu ist diese Aufgabe für mich also nicht.

Sie kennen Prag sehr gut, nun sind Sie in der deutschen Hauptstadt zuhause. Wie viel Prag steckt in Berlin und umgekehrt?

Sacher: Die beiden Städte sind sehr unterschiedlich. Berlin ist viel bunter und jünger. Man trifft so viele kreative und junge Köpfe, die etwas Neues erschaffen wollen. Prag ist in dieser Hinsicht viel konventioneller und baut kulturell stärker auf Traditionen.

Tschechien steht eher selten im Fokus der deutschen Öffentlichkeit. Wie erleben Sie die Wahrnehmung des kleinen Nachbarn in Berlin?

Sacher: Generell herrschen noch immer viele Stereotypen vor. Deutsche nehmen Tschechien nach wie vor als Teil des ehemaligen Ostblocks wahr. Ich möchte, dass mein Land in Zukunft andere Assoziationen weckt. Jeder weiß, dass Prag eine wunderschöne Stadt ist. Und dann? Man kennt vielleicht noch Škoda, das war es dann meist.

Wie wollen Sie das erreichen?

Sacher: Bereits während meiner Arbeit für das Wochenmagazin Respekt habe ich mich intensiv mit Fragen der europäischen Integration sowie deren wirtschaftlichen Aspekten beschäftigt. Diese Themen will ich verstärkt in das Programm einbringen. Dazu gehört ein intensiverer Austausch zwischen den Ländern, zum Beispiel von Studenten. Ich will kreative Kräfte fördern und damit ein modernes Tschechien-Bild vermitteln. Außerdem strebe ich eine engere Zusammenarbeit mit dem „Jindřich-Chalupecký-Preis“ oder der tschechischen „Innovation des Jahres“ an. Hier gibt es viele interessante Projekte aus den tschechischen Bildungseinrichtungen oder von jungen Firmen. In diesem Bereich eine Verbindung zu Berlin herzustellen, betrachte ich als sehr wichtigen Aspekt meiner Arbeit, schließlich ist Berlin ein Zentrum der europäischen Start-up-Szene. Das sollte man nutzen.

Auf welche Veranstaltungen können sich die Besucher im kommenden Halbjahr freuen?

Sacher: Im Juni sollen die „Tage der Innovationen“ stattfinden. Außerdem erinnern wir mit einer Veranstaltungsserie an den 80. Geburtstag des 2011 verstorbenen Václav Havel. Schon im Februar ist mit Dominik Lang ein spannender junger Künstler bei uns zu Gast. Und wir beschäftigen uns mit der Architektur des Brutalismus in beiden Ländern, was nahe liegt, denn wir befinden uns hier zusammen mit der Tschechischen Botschaft in einem typischen Vertreter dieses Baustils. Derzeit planen wir allerdings noch. Weitere Projekte stellen wir dann im Februar konkret vor.