Immerhin Gold

Immerhin Gold

Tschechiens Leichtathleten gewinnen bei der WM in Peking nur eine Medaille – Teamchef Dvořák räumt Fehler ein

3. 9. 2015 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: ČTK/AP/Kin Cheung

 

Zuzana Hejnová hatte die Hürden wieder einmal am besten gemeistert und damit das schlechteste Abschneiden einer tschechischen Mannschaft bei einer Leichtathletik-WM abgewendet. In Peking holte Tschechien nur eine einzige Medaille – dank der 400-Meter-Hürdenläuferin allerdings eine goldene.

Teamchef Tomáš Dvořák haderte noch einen Tag nach dem Ende der Titelkämpfe mit der mageren Ausbeute seiner Athleten. Für den ehemaligen Zehnkämpfer, der zwischen 1997 und 2001 drei Mal hintereinander den WM-Titel gewann, sei Hejnovás Goldmedaille zwar „keine schlechte Visitenkarte für die tschechische Leichtathletik“. „Ich habe mir aber etwas mehr erhofft, nun ja – so ist das eben im Sport“, meinte Dvořák. Der Blick auf den Medaillenspiegel – die Tschechen landeten dort nur auf dem 15. Platz – sei ihm nicht so wichtig. Doch dass nur fünf seiner Landsleute in einem WM-Finale standen enttäuscht den früheren Mehrkämpfer. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren in Moskau waren es doppelt so viele.

Als einen Grund für den Leistungsabfall führt er die Hallen-EM in Prag zu Beginn dieses Jahres an. Alle tschechischen Spitzenathleten hätten sich darauf gezielt vorbereitet, schließlich wolle jeder bei einer Europameisterschaft vor heimischem Publikum seine besten Leistungen zeigen. Doch der frühe Höhepunkt in der Saison habe sich im Sommer leider gerächt. Natürlich wäre in einigen Fällen auch Pech im Spiel gewesen – unglückliche Stürze, fragwürdige Entscheidungen der Wettkampfrichter, nachteilige Auslosungen. „Trotzdem: Alle haben für die Halle trainiert, das ist nun einmal eine andere Art von Leichtathletik“ und habe sich ungünstig auf den aktuellen Leistungsstand ausgewirkt, ärgert sich Dvořák.

Mit seiner Behauptung könnte er recht haben. Egal ob Pavel Maslák (400 Meter) oder Jakub Holuša (1.500 Meter), die in Prag den Titel holten, oder Fünfkämpferin Eliška Klučinová – bei der WM in Peking blieben die EM-Helden weit hinter den Erwartungen zurück. Lediglich Weitspringer Radek Juška, der in Prag Silber gewonnen hatte, schaffte in der vergangenen Woche den Sprung ins Finale.

Hoffen auf den Nachwuchs
Sinnbildlich für das schlechte Abschneiden der Tschechen bei der Weltmeisterschaft war der Auftritt von Weltrekordhalterin und Mitfavoritin im Speerwurf Barbora Špotáková. Während Katharina Molitor von Bayer Leverkusen mit ihrem letzten Versuch überraschend Gold gewann, schaffte es die zweimalige Olympiasiegerin nicht unter die besten Acht. Mit 60,08 Metern blieb sie über zwölf Meter hinter ihrer Bestmarke zurück und warf fünf Meter kürzer als in der Qualifikation zwei Tage zuvor. „Bára wollte einfach zu viel und hat nicht auf ihren Körper gehört. So etwas macht mich traurig“, äußerte Teamchef Dvořák. „Es geht darum, genau zur WM an der Leistungsgrenze zu sein – das ist natürlich schwierig. Und wenn es dumm läuft, liegen die Sportler zu diesem Zeitpunkt ein kleines bisschen darüber.“ Damit wolle er die Athleten nicht entschuldigen, „aber ich weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr einen irgendwelche Schmerzen beeinträchtigen können“.

Dvořák, der seit sechs Jahren die Leichtathletik-Nationalmannschaft betreut, will in den enttäuschenden Auftritten von Peking keinen Beleg für eine schlechte Arbeit des Verbandes sehen. Vielmehr blickt er optimistisch in die Zukunft. Die hohe Teilnehmerzahl von 25 tschechischen Sportlern könnte sich, so Dvořák, vor allem für die jüngeren positiv auswirken. „Für Adam (Helcelet) war die WM meiner Meinung nach eine ganz grundlegende Erfahrung“, sagte der einstige Weltrekordhalter über den 23-jährigen Zehnkämpfer. In der „Königsdisziplin der Leichtathletik“ hatte Helcelet den elften Platz belegt und damit nicht nur den Teamchef erfreut.

WM-Medaillen der tschechischen Leichtathleten (seit 2001)

2015 – Peking – 1 x Gold, 0 x Silber, 0 x Bronze
2013 – Moskau – 2 x Gold, 0 x Silber, 1 x Bronze
2011 – Daegu – 0 x Gold, 1 x Silber, 0 x Bronze
2009 – Berlin – 0 x Gold, 1 x Silber, 0 x Bronze
2007 – Ōsaka – 2 x Gold, 1 x Silber, 0 x Bronze
2005 – Helsinki – 0 x Gold, 1 x Silber, 2 x Bronze
2003 – Paris – 0 x Gold, 1 x Silber, 0 x Bronze
2001 – Edmonton – 2 x Gold, 0 x Silber, 0 x Bronze