Groß und günstig

Groß und günstig

Billiganbieter und Hypermärkte werden in Tschechien immer beliebter

22. 1. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Yuya Tamai

In den Tante-Emma-Laden um die Ecke oder doch lieber zu Tesco, Kaufland und Co.? Die Tschechen entschieden sich beim Einkaufen im vergangenen Jahr deutlich öfter für die großen Supermärkte. Am häufigsten kauften sie in den ganz großen Kaufhäusern ein, den sogenannten Hypermärkten. Das geht aus dem Shopping Monitor 2014 hervor, den das Forschungsinstitut Incoma GfK kürzlich veröffentlicht hat.

Der Studie zufolge kaufen nur zwölf Prozent der tschechischen Haushalte ihre Lebensmittel hauptsächlich in kleineren Traditionsgeschäften. 1997 betrug dieser Anteil noch 62 Prozent. Im vergangenen Jahr gaben 44 Prozent der tschechischen Haushalte den größten Teil ihrer Aufwendungen für Lebensmittel und Hygieneartikel in Hypermärkten aus, 17 Prozent in Supermärkten. Am stärksten nahm 2013 das Interesse der Tschechen an Einkäufen bei Billiganbietern zu, die ein Viertel der Verbraucher bevorzugte.

Der Preis entscheidet
Ein Grund für die Präferenzen der tschechischen Verbraucher findet sich im Shopping Monitor auch: Die Befragten nannten drei wesentliche Kriterien für die Entscheidung, wo sie den Großteil ihrer Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs besorgen: Die Breite des Sortiments, Ermäßigungen und das allgemeine Preisniveau sind ihnen am wichtigsten, wobei die Bedeutung von Aktionspreisen und Sonderangeboten im Vergleich zu den Jahren vor der Wirtschafts- und Finanzkrise stark zugenommen hat.

Die Vorzüge kleinerer Läden werden dagegen weniger geschätzt wie Pavel Cabal von Incoma GfK erklärt: „Die Hauptvorteile kleinerer Läden sind, abgesehen von der besseren Erreichbarkeit, hilfsbereites Personal, schnelle Abfertigung und die einfache Orientierung im Geschäft. Also keiner der drei von den Kunden genannten Faktoren.“ Die Super- und Hypermärkte kommen Cabal zufolge dem Wunsch nach einer großen Auswahl an Waren nach. Außerdem böten sie ausreichend Ermäßigungen und ein akzeptables Preisniveau. Aber auch in Sachen Erreichbarkeit holen die Hypermärkte, die sich zuerst vor allem in Randgebieten großer Städte ansiedelten, immer weiter auf: Aufgrund der „fortschreitenden Expansion der Hypermärkte und Billiganbieter“, so Cabal, würden diese zunehmend „auch für klassische Kunden kleinerer Geschäfte immer besser zugänglich“.

Hoffung für die Kleinen
Werden die Tante-Emma-Läden in Tschechien also bald komplett verschwinden? Dem Shopping Monitor zufolge sank in den vergangenen vier Jahren die Zahl der durchschnittlichen Besuche pro Monat in kleineren Geschäften erheblich. Zdeněk Juračka, Vorsitzender des Handels- und Fremdenverkehrsverbands (Svaz obchodu a cestovního ruchu, SOCR), glaubt jedoch, dass die Bedeutung kleiner Geschäfte zwar als Orte abnehme, an denen die Menschen den Großteil ihres Geldes für Lebensmittel ausgeben. Ihre Bedeutung als „ergänzende Einkaufsorte“ steige jedoch.

Die Ergebnisse der Studie hießen nicht, „dass kleinere Läden, die ein ergänzendes Sortiment haben, keinen größeren Umsatz machen können“, so Juračka, der zugleich Chef der Konsumgenossenschaft COOP ist. Für Großeinkäufe fahren die Menschen ihm zufolge öfter zu einem Hypermarkt, in kleineren Geschäften machen sie jedoch ergänzende Besorgungen. Aus diesem Grund ändert sich in den kleineren Läden laut Juračka das Sortiment, zum Beispiel würden dort mehr frische Waren angeboten.

Auch Pavel Kulhavý, Einzelhandelsexperte der Gesellschaft PwC Audit, sieht noch eine Chance für kleinere Läden: „Eine Lösung für kleine Verkaufsformate kann ihre Vereinigung zu Netzen oder Ketten sein, wie wir das in Tschechien teilweise schon sehen können. Kleine Läden werden nicht verschwinden, aber eigenständige und unabhängige wird es immer weniger geben.“