Geben und nehmen

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Die Gewerkschaften fordern Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst. Unternehmer sollen dafür auf Steuervorteile verzichten

22. 5. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Michal Maňas

Wenn der Staat qualifizierte Beschäftigte haben möchte, dann muss er sie auch entsprechend bezahlen. Das forderte in dieser Woche Josef Středula, Vorsitzender des Böhmisch-Mährischen Gewerkschaftsbunds (Českomoravská konfederace odborových svazů, ČMKOS). „Wir sind am Beginn der Verhandlungen, für die wir einen großen zeitlichen Rahmen haben“, sagte Středula. Mit der Verabschiedung des Haushaltsentwurfs für das kommende Jahr, in dem auch die Löhne und Gehälter für die staatlichen Angestellten aufgeführt werden, rechnet der Gewerkschafter erst im September. Bis dahin will er für seine Mitglieder streiten: „Es geht für uns aber nicht um eine Erhöhung von irgendwelchen eineinhalb Prozent. Damit würden wir uns nicht zufriedengeben“, betonte er und wies darauf hin, dass Beschäftigte in Bereichen wie Kultur oder Umweltschutz einen Bruttolohn in Höhe von etwa 15.000 Kronen (etwa 550 Euro) bezögen.

Konkret fordern die Gewerkschaften für das kommende Jahr eine Lohnerhöhung um fünf Prozent für die Beschäftigten im öffentlichen Sektor. 2016 sollen die Einkommen von Feuerwehrmännern, Polizisten, Krankenpflegern, Lehrern und Beamten sowie Angestellten im Kulturbereich dann noch einmal um den gleichen Prozentsatz steigen. „Wir wollen die Gehälter nicht sprunghaft angleichen, sondern die Erhöhung auf zwei bis drei Jahre verteilen. Gleichzeitig wollen wir über eine Veränderung der Regierungsverordnung über die Gehälter im öffentlichen Dienst verhandeln und ihren Anstieg an die Entwicklung der Löhne in anderen Sektoren koppeln, ähnlich wie das bei den Renten der Fall ist“, so Středula.

Die Regierung zeigt sich bisher durchaus bereit, auf die Forderungen einzugehen, wenn auch noch nicht in der Höhe, die den Gewerkschaftsvertretern vorschwebt. Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) ließ verlauten, er könne sich für das kommende Jahr eine Lohnerhöhung für die beim Staat Beschäftigten um mehr als 2,5 Prozent vorstellen. Eine solche Erhöhung für Lehrer hatte am Sonntag Finanzminister Andrej Babiš (ANO) erwähnt, ursprünglich hatte er von einem Anstieg um ein Prozent gesprochen. Innenminister Milan Chovanec (ČSSD) hatte dagegen vor wenigen Tagen erklärt, er wolle für Polizisten und Feuerwehrmänner eine Erhöhung des Einkommens um acht Prozent.

Wie viel Geld die Regierung aufbringen müsste, um 2015 und 2016 die geforderten Erhöhungen für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst um fünf Prozent zu realisieren, dazu äußerte sich Středula nicht. Er bezeichnete es jedoch als „insgesamt sicherlich realistisch“, dass die nötigen Mittel im Haushalt bereitgestellt werden könnten. Der Gewerkschaftsbund hat auch schon eine Idee, wo gespart werden könnte: Er schlägt vor, die Regelung abzuschaffen, derzufolge Unternehmer beim Kauf eines jeden einzelnen Autos die Mehrwertsteuer abschlagen können. Diese Möglichkeit haben sie seit April 2009. Fahrzeuge erhalten sie dadurch um 21 Prozent günstiger. Die Regierung hat sich zu diesem Vorschlag noch nicht geäußert. Erst Ende der Woche will der Gewerkschaftsbund Sobotka und seine Minister mit dem Vorschlag konfrontieren.

ČMKOS ist der größte Gewerkschaftsbund des Landes. Ihm gehören 29 Gewerkschaften mit insgesamt etwa 370.000 Mitgliedern an. Dazu gehören unter anderem die Gewerkschaften im Bildungs- und Gesundheitswesen, der Polizeibeamten und der Feuerwehren.