„Ein Traum wird wahr“

„Ein Traum wird wahr“

„Spectaculare“-Mitbegründer Josef Sedloň über eines der jüngsten und unkonventionellsten Festivals der Hauptstadt

21. 1. 2015 - Text: Peter Huch

Das „Festival Spectaculare“ verbindet experimentelles Theater mit elektronischer Musik, Film, Fotografie und Instrumental-Workshops und lässt damit die gewohnten Grenzen zwischen den Künsten verschwimmen. Nachdem es im vorigen Winter seine Premiere feierte, geht es nun von 21. Januar bis 6. Februar zum zweiten Mal über die Bühne. Als Standorte dienen etablierte Kulturhäuser wie das Palác Akropolis oder das Kunstzentrum DOX sowie Lokalitäten, die für Kunstveranstaltungen eher ungewöhnlich erscheinen. So ist etwa auch das Prager Planetarium Schauplatz eines Konzertes. PZ-Mitarbeiter Peter Huch sprach mit Spectaculare-Mitbegründer und Radiomoderator Josef Sedloň über den Aufbau eines Festivals, die Kraft visueller Effekte sowie spannende Neuentdeckungen.

Herr Sedloň, Sie sind hauptberuflich Radio-Moderator. Wie kam es dazu, dass Sie ein Festival auf die Beine stellten, das so unterschiedliche Kunstformen wie Theater, Musik und Film zusammenbringt?

Josef Sedloň: Ich arbeite seit den neunziger Jahren als Musik-Promoter und habe dementsprechend viele Erfahrungen in dem Geschäft gemacht. Um die Jahrtausendwende habe ich schon einmal ein erfolgreiches Musikfestival veranstaltet, das „LPC“. Das Festival Spectaculare geht auf eine Idee zurück, die ich schon vor zehn Jahren hatte. 2005 rief ich dann zusammen mit den Verantwortlichen des Palác Akropolis ein Reihe mit sechs Konzerten pro Jahr ins Leben, deren Schwerpunkt auf experimenteller Musik, speziell in den Genres Ambient, Electronica und Jazz lag.

Aber das Spectaculare gibt es erst seit letztem Jahr.

Sedloň: Ja, es war eher eine spontane Umsetzung. Die Idee, die Konzertreihe weiterzuentwickeln und ein Festival dieser Art aufzuziehen, bestand zwar schon seit vier Jahren. Doch erst im Herbst 2013 wurde es ernst. Innerhalb weniger Wochen haben wir dann Sponsoren gesucht und gefunden und ein Programm auf die Beine gestellt. Die Künstler, wie etwa die deutschen „Bohren & der Club of Gore“, Nils Frahm und „Hauschka“ konnten sich sehen lassen. Das sind Konzerte, die mir in guter Erinnerung geblieben sind.

Wie kam das Festival beim kultur- und festivalverwöhnten Prager Publikum an?

Sedloň: Ich bin eng mit Prag und seiner Musikszene verbunden. Über die Jahre habe ich viele experimentelle Bands eingeladen, die auch beim Publikum Anklang fanden. Da war mir klar, dass das funktionieren kann. Leider hat sich die Premiere finanziell nicht sonderlich ausgezahlt. Aber wir sind zuversichtlich, in diesem Jahr schwarze Zahlen zu schreiben.

Was unterscheidet die Ausgabe 2015 von der im vergangenen Jahr?

Sedloň: Es dauert eine ganze Woche länger. Es fehlt allerdings ein ganz großer Name wie zum Beispiel Jon Hopkins. Trotzdem sind wir enthusiastisch, denn wir sind künstlerisch von jedem einzelnen Programmpunkt zu 100 Prozent überzeugt. Und neu ist auch der eine oder andere unkonventionelle Spielort.

Wie zum Beispiel die Salvatorkirche und das Planetarium …

Sedloň: Genau. Das sind für mich persönlich die großen Höhepunkte dieses Jahres. So etwas wie ein Konzert im Planetarium findet nicht alle Tage statt. Es ist wie ein Traum, der in Erfüllung geht. Wir haben lange verhandelt und sind umso glücklicher, dass es letztendlich funktionierte. Die Musik des norwegischen Ambient-Künstlers „Biosphere“ wird hervorragend in diesen Ort passen, denn es gibt auch eine tolle visuelle Unterstützung durch den tschechischen Video-Künstler „The Macula Visuals“. Auch die beiden Konzerte in der Salvatorkirche dürften etwas Besonderes sein. Die Musik des Wahlbelgiers Sylvain Chauveau, der sonst durch Filmmusik in Erscheinung tritt, passt sehr gut in einen sakralen Bau. Dazu kommt die Unterstützung eines VJs, der Videos an die Wände projiziert.

VJs sind allgemein zahlreich vertreten im Festival-Programm. Wie kommt das?

Sedloň: Es ist einfach eine gelungene Ergänzung zur Musik. Die visuellen Effekte verstärken die Gefühle, die man beim Hören von Musik entwickelt. Die Eindrücke werden dadurch viel intensiver.

Gab es für Sie und Ihr Festival internationale Vorbilder?

Sedloň: Ich habe einige Male das berühmte „Sonar-Festival“ in Barcelona besucht. Dort haben die Organisatoren durch die Verbindung zeitgenössischer Musik mit moderner Kunst ein ähnliches Konzept umgesetzt.

Dieses Jahr gibt es eine ganze Reihe an tschechischen Künstlern, die im Vorprogramm auftreten oder die visuelle Arbeit erledigen. Fühlten Sie sich verantwortlich, den hiesigen Künstlern eine Plattform zu bieten?

Sedloň: Als einheimischer Radiomoderator habe ich selbstverständlich einige persönliche Kontakte zu tschechischen Künstlern. Dazu gehören auch viele Neuentdeckungen, von denen ich eine hohe Meinung habe. Mir geht es in erster Linie um Qualität, und diesbezüglich hat mich jeder der eingeladenen Künstler, ob einheimisch oder ausländisch, überzeugt. Die Prager „Zabelov Group“ etwa ist ein Glücksfall. Das Duo spielt eine Art Ambient-Jazz mit Akkordeon, Schlagzeug und Gesang. Auch Lenka Dusilová oder die „Clarinet Factory“ sind Glücksfälle für das Festival. Ich freue mich besonders, dass die „Clarinet Factory“ einen Instru­mental-Workshop anbietet.

Wie würden Sie Ihre Festival-Zielgruppe definieren?

Sedloň: Die Besucher gehören hauptsächlich zur Gruppe der 20- bis 40-Jährigen. Aber das Alter ist Nebensache, ich bin ja auch schon 45. Es ist ein Festival für alle, die offen sind für neue Erfahrungen und progressive Musik.

Informationen unter www.spectaculare.cz

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