Ein Leben für die Forschung

Ein Leben für die Forschung

Vor 120 Jahren wurde Carl Ferdinand Cori geboren. Mit seiner Frau erhielt er 1947 den Nobelpreis für Medizin

8. 12. 2016 - Text: Franziska Neudert, Foto: Smithsonian Institution

Die Liste tschechischer Nobelpreisträger ist kurz: Der Chemiker Jaroslav Heyrovský und der Schriftsteller Jaroslav Seifert stehen darauf. Ein weiterer gebürtiger Prager erhielt ihn im Jahr 1947. Wer sich nicht gerade für Wissenschaft interessiert, dem dürfte sein Name unbekannt sein: Carl Ferdinand Cori.

Carl Ferdinand Cori kam am 5. Dezember 1896 in der Prager Neustadt zur Welt. Da sein Vater, der Zoologe Carl Isidor Cori, in Triest meeresbiologische Forschung betrieb, wuchs er in der Hafenstadt am Mittelmeer auf. Mit 17 Jahren zog Carl mit seinen Eltern zurück nach Prag. An der deutschsprachigen Karl-Ferdinands-Universität studierte er ab 1915 Medizin.

Während seines Studiums lernte er Gerty Radnitz kennen. Wie Carl interessierte sich die junge Frau eher für medizinische Grundlagenforschung als für die ärztliche Praxis – der Weg in die Wissenschaft schien geebnet. Gegen den Willen seiner Eltern heirateten beide nach Studienende in Wien. In Graz erhielt Carl eine Stelle als Assistent des Pharmakologen Otto Loewi, der gemeinsam mit Henry H. Dale für seine Erforschung der Nervenimpulse im Jahr 1936 den Nobelpreis erhielt. Gerty arbeitete in dieser Zeit im Kinderkrankenhaus in Wien.

Nachdem Carl 1922 eine Anstellung am Institut zur Erforschung bösartiger Erkrankungen an der Universität in Buffalo bekommen hatte, ging das Paar nach Amerika. Vier Jahre darauf erhielten beide die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Obwohl sie meist gemeinsam forschten, konnte zunächst nur Carl eine akademische Karriere einschlagen. Im Jahr 1931 erhielt er eine Professur am Institut für Pharmakologie in St. Louis; Gerty arbeitete als seine Forschungsassistentin. Später wechselte das Paar zur Biochemie. 1936 wurde der gemeinsame Sohn Thomas geboren.

Carl gelang es im gleichen Jahr, Glukose-1-Phosphat zu isolieren, das in vielen Stoffwechselprozessen eine wichtige Rolle spielt. Dadurch konnte er außerhalb eines lebenden Organismus Glykogen systematisch in Stärke umwandeln. Aufgrund dieser Entdeckung formulierte das Ehepaar den sogenannten Cori-Zyklus. Er beschreibt, wie Glukose zwischen Skelettmuskel und Leber in ihre Abbauprodukte zerlegt wird. Für ihre Arbeit erhielten sie 1947 gemeinsam mit Bernardo Alberto Houssay, der sich ebenfalls mit dem Zuckerstoffwechsel beschäftigt hatte, den Nobelpreis. Neben ­Pierre und Marie Curie sowie den norwegischen Neurowissenschaftlern May-Britt und Edvard I. Moser waren die Coris das einzige Forscher-Ehepaar, das mit einem Nobelpreis geehrt wurde.

Sterne der Wissenschaft
Für Gerty bedeutete die Auszeichnung einen Durchbruch. Noch im selben Jahr erhielt sie eine Professur für Biochemie. 1948 wurde sie zudem in die ­National Academy of Sciences aufgenommen und mit der Garvan­-Olin-Medaille geehrt, die besondere Leistungen auf dem Gebiet der Chemie würdigt.

Das Jahr 1948 brachte aber auch einen schweren Schicksalsschlag. Bei Gerty diagnostizierten die Ärzte Osteomyelo­fibrose, eine seltene Erkrankung des Knochenmarks. Sie arbeitete dennoch bis zu ihrem Tod im Jahr 1957 weiter und widmete sich vor allem der Erforschung von Stoffwechselkrankheiten.

Carl heiratete 1960 ein zweites Mal. Bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1966 arbeitete er an der Universität in St. Louis. Danach nahm er eine Gastprofessur für Biochemie an der Harvard-­Universität an. Im Alter von 87 Jahren starb er in Cambridge.

In den USA erinnert heute ein Stern auf dem Walk of Fame in St. Louis an das Forscherpaar. In Prag wurde im Jahr 2000 eine Gedenktafel für Carl Ferdinand Cori an dessen Geburtshaus in der Salmovská-Straße 6 enthüllt.