Chronologie der Emotion

Chronologie der Emotion

Die slowakische Fotografin Milota Havránková fängt Gefühle mit der Kamera ein – zu ihrem 70. Geburtstag zeigt das Haus zur Steinernen Glocke eine Retrospektive

9. 12. 2015 - Text: Alena Gold, Foto: Galerie hlavního města Prahy

Mitten in einem dunklen Raum sind große, weiße Kugeln aus Plastik platziert. Darauf werden Fotos projiziert, es erklingt Musik. In der Ausstellung „Milota“ im Haus zur Steinernen Glocke hängen die Bilder nicht einfach nur an den Wänden. Sie werden inszeniert – und fügen sich zu einem beeindruckenden Rückblick auf das Schaffen der slowakischen Fotografin Milota Havránková, die in diesem Jahr ihren 70. Geburtstag feierte.

Havránková wurde 1945 in Košice geboren und wandte sich früh der Fotografie zu. In den sechziger und siebziger Jahren studierte sie zunächst in Bratislava und danach an der Akademie der musischen Künste in Prag. Anschließend arbeitete sie als als freischaffende Künstlerin und unterrichtete in Bratislava und Prag Kunstfotografie. Als Lehrerin prägte sie Generationen junger Fotografen mit ihren unkonventionellen Ansätzen.

Auch die aktuelle Ausstellung spiegelt die Experimentierfreudigkeit der Fotokünstlerin wider. Zudem zeugen die Bilder von der Versiertheit Havránkovás, die sich stets mit den jeweils neuesten Fototechniken und Bearbeitungsmethoden beschäftigte. Die Retrospektive im Haus der Steinernen Glocke ist daher nicht nur eine Übersicht über die Werke der Künstlerin – sie dokumentiert auch, wie sich die Fotografie in den vergangenen fünf Jahrzehnten entwickelt hat.

Zu sehen sind zum Beispiel Serien aus den sechziger Jahren, die ausschließlich aus Schwarz-Weiß-Aufnahmen bestehen. Anfang der Siebziger nutzte Havránková Farbfotografien, in denen sie eine Möglichkeit sah, der Tristesse des sozialistischen Alltags zu entfliehen. Im selben Jahrzehnt setzte sie ihre Kamera für ein politisches Statement ein. Sie lichtete Frauen ab sowie Gegenständen, die in ihren Augen eine weibliche Präsenz besitzen, um damit auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft aufmerksam zu machen.

In den folgenden Jahren widmete sich Havránková verschiedenen Themen. Der Abschied von der analogen Fotografie floss ebenso in ihre Werke ein wie die Suche nach der eigenen Identität. Wie schon zu Beginn ihrer Laufbahn verwendete sie für ihre Projekte stets die neuesten Technologien und Techniken. Stile und Methoden sind für die Künstlerin Mittel zum Zweck, um ihre Absichten auszudrücken und ihrer persönlichen Motivation zu folgen, nämlich Gefühle zu fotografieren, wie sie selbst einmal sagte. Wohl auch deshalb gewährt die Ausstellung „Milota“ eine sehr persönliche Einsicht in das Leben einer außergewöhnlichen Fotografin.

Milota Havránková: Milota. Dům U Kamenného zvonu (Staroměstské náměstí 13, Prag 1), geöffnet: täglich außer montags 10 bis 20 Uhr, Eintritt: 120 CZK (ermäßigt 60 CZK), bis 17. Januar, www.ghmp.cz

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