Berliner Currywurst, Eishockey und Film

Berliner Currywurst, Eishockey und Film

Was das Herz von Jungschauspieler Jiří Mádl höher schlagen lässt

14. 5. 2012 - Text: Sarah BorufkaText: Sarah Borufka; Foto:

Jiří Mádl spricht gern und viel. Vor sieben Jahren begann seine Schauspielkarriere, raketenartig kam der Aufstieg: Fast über Nacht wurde aus dem damals 18-Jährigen einer der bekanntesten Schauspieler Tschechiens. Der Film „Snowboarďáci” („Die Snowboarder”), in dem er den etwas unbeholfenen Jáchym spielt, wurde unerwartet zum Kassenschlager – über 660.000 Besucher strömten damals in die Kinos. Es hagelte Auszeichnungen, unter anderem drei Böhmische Löwen. Im gleichen Jahr drehte Mádl zwei TV-Serien. Es folgte eine Reihe anderer Filme im Stil von „Snowboarďáci”: „Rafťáci” („Die Rafter”), eine Teeniekomödie, in der sich zwei Kumpels auf eine Kanufahrt begeben, und „Gympl“ („Das Gymnasium“), in dem Mádl einen jungen Graffiti-Sprayer verkörpert.

Der Erfolg kam plötzlich, Zeit zum Überlegen hatte Mádl damals nicht. Zumindest bei Interviews braucht er diese heute aber nicht mehr. Seine Antworten kommen wie aus der Pistole geschossen: Hat es auch Nachteile, quasi über Nacht so berühmt zu werden? Ja, die Privatsphäre wird verletzt, wenn man nicht aufpasst, aber so richtig über Nacht wie bei Stars aus Casting-Shows kam sein Ruhm ja sowieso nicht. Fehlt es ihm als ehemaligem Hockeyspieler – neun Jahre war Mádl in der Jugendliga aktiv – täglich intensiv Sport zu treiben? Ja, aber er geht immer noch einmal die Woche aufs Eis. Von welcher Eishockeymannschaft ist er Fan? HC Mountfield České Budějovice, das ist ja auch sein Heimatclub. Und beim Fußball? Slavia. Und Manchester United. Und wo verbringt er seine Zeit in Prag am liebsten? Im Viertel Krč, wo er wohnt, aber er mag auch den Stadtteil Vinohrady sehr gerne. Sein Lieblingslokal ist die Vagonka in der Lucerna-Passage gleich beim Wenzelsplatz.

Dort findet auch das Interview statt. Mádl kommt 45 Minuten zu spät, entschuldigt sich dafür aber inständig und gefühlte 45-Mal. Mit Bedienung und Koch ist er per Du, auf keinen Fall möchte er den Eindruck von Starallüren erwecken. Mádl spielt auch im wirklichen Leben den Jungen von Nebenan – und sieht auch so aus: Trainingsjacke, T-Shirt, Jeans, Turnschuhe, leicht verwuschelte Haare. Interviews, die in Tschechien geführt werden, richtet seine Mutter für ihn ein, die ihn im Telefon unter dem Kosenamen Jurásek eingespeichert hat.

Kein „Mádl-Overkill“

Momentan lacht einem der Jungschauspieler in der ganzen Stadt von Plakaten für gleich zwei Filme entgegen – die Science-Fiction-Komödie „Probudím se včera“ („Aufwachen im Gestern“), in der sich ein alleinstehender Professor auf die Reise in die Vergangenheit macht, um seine Jugendliebe zu erobern und „Čtyři slunce“ („Vier Sonnen“). Als erster tschechischer Film schaffte es das neueste Werk des bekannten Regisseurs Bohdan Sláma zum renommierten amerikanischen Filmfestival Sundance.

Wie hat er die Arbeit mit Sláma empfunden, der als schwieriger Regisseur gilt und von seinen Schauspielern angeblich alles fordert? „Er macht keine Kompromisse und es stimmt, oft rennt er auf dem Set herum und meckert: Ich will das aber so nicht – wie ein kleines Kind“, meint Mádl. „Aber er ist ein guter Mensch und Vollprofi. Bei der Darstellung meiner Rolle hat er mir wirklich viele Freiheiten gelassen.“

Einen „Mádl-Overkill“ befürchtet der junge Schauspieler trotz der zwei nahezu gleichzeitigen Filmpremieren nicht. „Das ist auch eher ein Zufall, dass ich jetzt gerade zwei Filme rausgebracht habe.“ Davor war er sieben Monate fast ununterbrochen im Ausland. „Im Fernsehen wurde ich während dieser Zeit kaum erwähnt“, rückt Mádl die Dinge zurecht.

Lehr- und Wanderjahre

Ins Ausland reist Mádl vor allem, um Sprachkurse zu absolvieren. Letzten Sommer war er in Berlin und verbesserte dort sein Deutsch. „Ich mag Deutsche total gerne und habe das Gefühl, sie sind uns Tschechen sehr nah“, sagt Mádl. „Dieses Klischee, dass Deutsche sich verkrampft an Regeln halten, stimmt so nicht. Ich empfinde es als angenehm, dass sie so diszipliniert sind. Man kann sich auf sie verlassen.“

Gerade Berlin hat es dem Schauspieler angetan. Oft besucht er in der deutschen Hauptstadt Freunde, sein Agent lebt dort und auch das kulinarische Angebot hat ihn überzeugt: „Currywurst lässt mein Herz höher schlagen“, sagt er voller Inbrunst. Möchte er versuchen, sich auch in Deutschland als Schauspieler zu etablieren? „Warum nicht, aber das ist nicht der Grund, warum ich Deutsch lerne“, antwortet er schnell. „Ich habe mein Netzwerk ausgebreitet, aber das heißt nicht, dass daraus etwas werden muss.“

Und was vermisst er, wenn er längere Zeit im Ausland verbringt? „Den ausgeprägten Sinn für Humor hier. Den gibt es nur bei uns in Tschechien“, sagt Mádl. „Nirgendwo anders. Darin sind wir Weltmeister.“ Seine Reisen führten ihn im letzten Jahr auch nach New York, wo er an der „New York Film Academy“ einen Kurs im Fach Drehbuchschreiben belegte. „Ich habe zwei Drehbücher geschrieben, aber zum Inhalt möchte ich noch nichts sagen. Schreiben hat viel mit Disziplin und Geduld zu tun. Ich bin auch immer noch dabei, meine Skripts zu überarbeiten.“

Verschnaufpause

Mit dem Reisen wurde es irgendwann so viel, dass sie den 25-Jährigen um seine Freundin gebracht haben. Im Ausland fühlt sich Mádl dennoch wohl. Dort hat er immer viel mehr Energie, vor allem in New York. „Sobald ich in dieser tollen Stadt aus dem Flieger steige, fühle ich mich wie elektrisiert“, meint er. „Es ist total angenehm, dass mich da keiner kennt. Hier erkennt man mich auf Schritt und Tritt.“ Es sei manchmal einfach anstrengend berühmt zu sein.

Auch in banalen Situationen: Selbst wenn er sich ein Brötchen kauft, werde er ganz genau beobachtet. Nach vielen Monaten harter Arbeit – neulich hat Mádl in zwei Tagen zehn Städte in der Slowakei abgeklappert, um den Film „Čtyři Slunce“ vorzustellen – freut er sich jetzt vor allem auf eines: Seinen Urlaub in New York, im April, mit seiner Mutter und seinen zwei Brüdern.