Annäherung über den Flimmerkasten

Annäherung über den Flimmerkasten

Tschechisches Fernsehen besiegelt Kooperation mit Arte

30. 10. 2013 - Text: Adem FerizajText: Adem Ferizaj; Foto: ARTE/Frédéric Maigrot

Rosige Zeiten für kulturaffine Fernseheulen. Das Tschechische Fernsehen hat mit dem deutsch-französischen Kulturkanal Arte einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Beiträge der internationalen Sendeanstalt sollen künftig im Programm des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders Česká televize (ČT) ausgestrahlt werden. Umgekehrt werden auch in deutschen und französischen Wohnzimmern schon bald regelmäßig tschechische Produktionen über die Mattscheibe flimmern.

Einen entsprechenden Vertrag unterzeichneten die Leiter beider Fernsehanstalten am vorvergangenen Mittwoch in Straßburg. Dieser verpflichtet sie, gemeinsam in die Entwicklung von Koproduktionen zu investieren. Mit einer Fördersumme von jeweils 100.000 Euro sollen ab 1. Januar 2014 namentlich Dokumentationen aus den Themenbereichen Kunst, Kultur und Geschichte auf die Beine gebracht werden. Darüber hinaus wurde eine Zusammenarbeit im Online-Dienst vereinbart. Sie soll über die Webseiten der beiden Sender und durch medienübergreifende Projekte realisiert werden. Zunächst auf eine Laufzeit von zwei Jahren befristet, hoffen beide Sender auf eine Fortführung des Projekts über diese Zeitspanne hinaus.

Aus tschechischem Blickwinkel bietet die Kooperation mit dem renommierten Kultur­kanal in vielerlei Hinsicht Vorteile. Denn ČT verfügt nun über ein Mitbestimmungsrecht bei der Programmplanung von Arte. In Zukunft nimmt ein Vertreter von Česká televize mit beratender Stimme in den Sitzungen der Entscheidungsgremien von Arte teil. Das Tschechische Fernsehen stellt damit den siebten europäischen Partner des deutsch-französischen Senders dar.

Über die neuen Perspektiven, die das Übereinkommen für tschechische Filmproduktionen mit sich bringt, äußerte sich ČT-Intendant Petr Dvořák noch am Tag der Vereinbarung. Man freue sich vor allem darüber, „dass nun tschechische Produktionen einen Weg nach Deutschland und Frankreich finden.“

Gleichzeitig sah er im Abkommen die Grundlage einer europaweiten Ausstrahlung tschechischer Filme. Gerade das einheimische Publikum hat Grund zur Freude, denn der erst kürzlich gegründete Kulturkanal des Tschechischen Fernsehens „ČT art“ zeigte sich an der Übernahme der Arte-Sendungen sehr interessiert: „Die heutige Unterzeichnung des Vertrages mit Arte ist der nächste Schritt für uns, um unseren Zuschauern kulturelle Inhalte auf höchstem Niveau zu bieten“, so Dvořák. Fernsehfreunde können sich also auf die Verbindung von Unterhaltung und Anspruch freuen.

Gründungsziel Europäische Verankerung
Auch das deutsch-französische Duo von Arte – Intendantin Véronique Cayla und ihr Stellvertreter Gottfried Langenstein – zeigte sich hoch erfreut über die beschlossene Kooperation. Sie entspräche den Gründungszielen des Kulturkanals, nämlich „seiner europäischen Verankerung und der Sichtbarkeit seiner Programme in Europa“, erklärten Cayla und Langenstein auf der Homepage des Fernsehsenders.

Im Grunde genommen lag eine dauerhafte Zusammenarbeit nahe. Bereits vor einigen Jahren hatten beide Anstalten erfolgreich gemeinsame Projekte realisiert. Ein solches bedeutete beispielsweise der 2004 erschienene Spielfilm „König der Diebe“. Die moderne Oliver-Twist-Variation, angesiedelt zwischen osteuropäischer Provinz und dem Moloch Berlin, wurde 2005 mit vier „Böhmischen Löwen“, dem tschechischen Filmpreis, ausgezeichnet. Im Folgejahr erhielt die Produktion eine Nominierung für den deutschen Grimme-Preis.

Die Zusammenarbeit der beiden Sender gehe zweifellos auch auf eine tiefe kulturelle Verflechtung zwischen Deutschland, Frankreich und Tschechien zurück, so Langenstein. Das Schaffen von so bedeutenden Künstlern wie Alfons Mucha, František Kupka und Karel Čapek auf der einen sowie Rainer Maria Rilke und Franz Kafka auf der anderen Seite würden dies eindrücklich belegen.

Tschechische Filme sollen dem Arte-Vize-Intendanten zufolge in Themenabenden bei Arte aufgenommen werden. Der 2011 erschienene Film „Cigán“ („Zigeuner“) von Martin Šulík könne dann beispielsweise zusammen mit einer passenden Dokumentation am gleichen Abend gezeigt werden. „Diese thematische Vertiefung kommt bei den Zuschauern sehr gut an“, versicherte Langenstein gegenüber der „Prager Zeitung“. Im Rahmen der neuen Zusammenarbeit könne sich der gebürtige Münchner in der Arte-Leitung zudem eine Dokumentation über Václav Havel gut vorstellen. Dies würde sich problemlos in seine Vision der neuen Partnerschaft einreihen: „Ich erhoffe mir, dass wir auf der Fernsehebene der Kulturkanäle noch mehr unternehmen. Wir müssen stärker zusammenarbeiten, um größere Flächen bespielen zu können“.