Abstrakte Aussagen

Abstrakte Aussagen

Das DOX stellt Werke des Konzeptkünstlers Jan Jakub Kotík vor

17. 10. 2012 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: DOX

 

Er wurde nur 35 Jahre alt, hinterließ jedoch ein vielseitiges und spannendes Oeuvre. Ein Teil von Jan Jakub Kotíks Schaffen wird nun retrospektiv im Prager Zentrum für moderne Kunst DOX vorgestellt. Der in den USA als Sohn von tschechoslowakischen Exilanten geborene Kotík studierte am renommierten New Yorker „Union Cooper“-Privat-College, wo unter anderem auch schon so bekannte Namen wie Daniel Libeskind oder Alex Katz auf den Aufnahmelisten standen. Dort lernte er sein Handwerk bei Hans Haacke, einem der weltweit bedeutendsten Konzeptkünstler.

Von ihm und der ganzen Stilrichtung übernahm Kotík den Gedanken des Primats der Idee von dem, was ein Werk repräsentiert. Die Ausführung bleibt eher zweitrangig, wenn selbstverständlich auch nicht unerheblich. Der Einbezug und die Herausforderung des Betrachters sowie seiner Sehgewohnheiten und Begriffsvorstellungen sollen zentrale Elemente der Konzeptkunst sein.

Viele Skizzen, Installationen, Bilder und Gegenstände Kotíks zeugen von einer weitreichenden Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Themen. Er oszilliert dabei zwischen origineller Persiflage auf den hedonistischen Materialismus und ernsthafter Kritik an den wirtschaftspolitischen Strukturen unserer Zeit.

Die Schau im DOX mit dem Titel „Podoby Vzdoru“ („Forces of Resistance“) richtet den Fokus auf Kotíks Umgang und „Erzählweise“ mit gewöhnlichen Alltagsgegenständen. Auf äußerst unkonventionelle Weise baute der Künstler Modellbaukästen, Toaster, Möbelstücke und andere Objekte zu Kunstwerken aus und um. Dabei nahm er eine Umkodierung der „Ursprungsmaterie“ vor, in der er seine Kapitalismus- und Politkritik versteckte. Es ging Kotík unter anderem darum, die problematischen, vielfach menschenverachtenden Mechanismen einer globalisierten Welt bloßzustellen und unsichtbare Machtstrukturen ins Scheinwerferlicht zu rücken.

Abbilder des Alltäglichen
So regen seine Wandpolsterbilder „Tank“ oder „Soldier“ aus dem Jahre 2005 zum Nachdenken wie zum Schmunzeln an. Purpurne Polsterungen wie die eines Sofas zieren keine gewöhnlichen Muster, sondern ein Panzer oder ein schussbereiter Soldat. Eine „Chaiselongue“ ist in der Mitte der überdimensionierten Sitzfläche in Raketenform gefüttert.

Besonders amüsant sind Kotíks kleine Kunstwerke wie zum Beispiel „Vysavač“ („Vacuum“) aus dem Jahre 2000. Aus einem Modellbausatz für einen Militärhubschrauber bastelte er einen Staubsauger – aus Kriegswerkzeug-Fetisch werden winzige Abbilder des Alltäglichen. Doch umgekehrt geht es auch: Aus dem, was viele Menschen morgens verspeisen, fabrizierte der im Dezember 2007 Verstorbene erstaunlich genaue Bilder. Indem er Toast-Scheiben brannte und mosaikförmig aneinanderreihte, entstanden teilweise riesige Motive aus Brot. So geschehen bei „Breakfast of Champions“(2001) oder „Airplane“ (2006).

Worin genau auch bei solchen Werken die Kapitalismuskritik zu suchen und zu finden ist, bleibt dem kritischen Geist des Betrachters überlassen. Nicht in jedem Objekt sind die Ansprüche und Ideen der Konzeptkunst so klar ersichtlich, dass sie eindeutig sind. Manchmal bleibt einem ob der Absurdität manch eines Exponats auch der stringente Zugang und der logische Brückenschlag hinüber in die Realität verwehrt. Doch auch darin lag wohl der Sinn von Kotíks Schaffen und seiner Absicht, den Rezipienten auf die Probe zu stellen.

„Podoby Vzdoru“ („Forces of Resistance“), Zentrum für moderne Kunst DOX (Poupětova 1, Prag 7), geöffnet: Mo., Sa./So.: 10–18 Uhr, Mi.–Fr.: 11–19 Uhr, dienstags geschlossen, Eintritt: 180 CZK (ermäßigt 90 CZK), bis 7. Januar 2013