Sozialverhalten ungenügend

Sozialverhalten ungenügend

Bildungsminister Marcel Chládek soll zurücktreten. Ehemalige Mitarbeiter werfen ihm Mobbing vor

3. 6. 2015 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Vláda ČR

Als besten Bildungsminister der letzten zehn Jahre hat Bohuslav Sobotka (ČSSD) seinen Parteikollegen Marcel Chládek am Donnerstag vergangener Woche bezeichnet. Dennoch forderte der Premier den Ressortchef auf, von seinem Amt zurückzutreten. Er reagierte damit auf einen Bericht der Tageszeitung „MF Dnes“, die Chládek am selben Tag des Mobbings bezichtigt hatte. Wie es in dem Artikel heißt, hätten während der 16-monatigen Amtszeit des Ministers neun Mitarbeiterinnen aufgrund schikanöser Behandlung ihre Kündigung eingereicht. Eine weitere habe sich beurlauben lassen.

Der 47-jährige Minister weist die Vorwürfe zurück. Die Gründe für seine Abberufung hält er für einen Vorwand. „Das ist ein beispielloser Angriff auf meine Person, mit dem Ziel, mich aus dem Ressort zu entfernen“, sagte er am Freitag. Hinter der Veröffentlichung stecke Finanzminister Andrej Babiš (ANO), dem als Eigentümer des Konzerns Agrofert unter anderem die „MF Dnes“ gehört, glaubt Chládek. Den Artikel bezeichnete er als „Lüge“. Die Angestellten hätten aus privaten Gründen ihren Job aufgegeben oder ihre Verträge seien ausgelaufen Mit dem Zeitungsbericht habe Babiš die Verhandlungen über den Haushalt für Schulwesen und Sport abbrechen wollen, in der sich beide Ressortleiter uneins waren. „Hier geht es nicht um Marcel Chládek, hier geht es um das tschechische Schulwesen“, meinte der noch amtierende Bildungsminister.

Babiš bestreitet das. Probleme mit seinem Kabinettskollegen habe es bereits früher gegeben. „Seit seinem Amtsantritt haben wir davon gehört, dass Chládek sich seltsam benimmt. Was er behauptet, ist unsinnig“, so der ANO-Vorsitzende.
Premierminister Sobotka sieht die „MF Dnes“ zwar kritisch. Da sie einem aktiven Politiker gehöre und sich damit leicht für politisch motivierte Kampagnen instrumentalisieren lasse, könne man sie keinesfalls als unabhängiges Medium betrachten, so Sobotka. „Dennoch werde ich die veröffentlichten Informationen nicht verharmlosen.“ Wie der Premier und ČSSD-Vorsitzende weiterhin erklärte, erfülle Chládek nicht mehr „die hohen Anforderungen, die an einen Sozialdemokraten als Mitglied der Regierung gestellt werden“.

Am Wochenende traf Sobotka Präsident Miloš Zeman auf Schloss Lány, um mit ihm über die Abberufung zu sprechen. Er hoffe, dass das Staatsoberhaupt im Einklang mit der Verfassung handeln und das Gesuch um einen Ministerwechsel unterzeichnen werde, so Sobotka. „Der Präsident hat mir mitgeteilt, dass er sich zuvor mit Chládek treffen wolle.“
Auch wenn die Entscheidung Zemans noch aussteht, sucht Sobotka bereits nach einem neuen Bildungsminister, dessen Namen er am Freitag bekanntgeben will. Im Gespräch sind unter anderem die Staatssekretärin für Menschenrechte Kateřina Valachová und der Prorektor der Karls-Universität Stanislav Štech.