Die Hoffnung stirbt zuletzt

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Parteiencheck Teil sechs: Die Grünen gehen geschwächt in die Wahlen. Sie setzen auf den Kampf gegen die Korruption

16. 10. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: The Green Party

Einen schlechteren Start hätten die Grünen kaum fürchten können. Unmittelbar nachdem sich das Abgeordnetenhaus Ende August aufgelöst hatte und klar war, dass vorgezogene Neuwahlen ins Haus stehen, verließ eines der bekanntesten Gesichter der „Strana zelených“ (SZ) die Partei. Martin Bursík, Vize-Premier und Umweltminister in der Regierung Topolánek, gründete seine eigene liberal-ökologische Partei LES (Liberální ekologická strana). Damit hatten die Grünen nicht nur eines ihrer Zugpferde verloren, sie stehen – wie schon während ihrer Regierungszeit in den Jahren 2007 bis 2009 – als Partei da, die leicht durch innerparteiliche Konflikte gespalten wird.

Der Parteivorsitzende Ondřej Liška versucht sich in Gelassenheit. Mit Bursík und anderen Abtrünnigen sei lediglich Ballast über Bord gegangen. Die  SZ fasse den Begriff „grüne Politik“ heute weiter, als es der Ökologe Bursík sich gewünscht hätte.

Die Grünen haben in den zurückliegenden Jahren ihre politischen Koordinaten nach links korrigiert: Von einer ökologischen Mitte-Rechts-Partei hin zu den propagierten Attributen sozial gerecht, basisdemokratisch, transparent. Man setzt auf den Ruf als Saubermann-Partei. Liška wird nicht müde zu betonen, dass seine Partei seit ihrer Gründung im Dezember 1989 noch in keinen Korruptionsskandal verwickelt war. Symbolisch auch der Spitzenkandidat im mittelböhmischen Wahlkreis: Václav Láska, Rechtsanwalt und bekannter Kämpfer gegen Vetternwirtschaft.

Programmpunkte, mit denen die Grünen überzeugen möchten, sind staatlich garantierte Kindergartenplätze, die Gleichstellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, die Einführung eines Gesetzes für Sozialwohnungen und die Prinzipien der sogenannten Green Economy.

Den Mangel an Persönlichkeiten versucht die SZ zu umschiffen. Zum Start der Wahlkampagne im Prager Theater La Fabrika stellte Liška sich und die Partei in die Tradition von Václav Havel, der die Grünen vor Wahlen stets zu unterstützen pflegte.
Für Aufmerksamkeit sorgte auch die Kooperation mit der Roma-Partei „Strana rovných příležitostí“ („Partei für Chancengleichheit“). Insgesamt neun Roma kandidieren auf der Liste der Grünen.

Im Wahlkampf setzt die „Strana zelených“ auf Freiwillige und direkten Wählerkontakt. „Unsere Kampagne seid ihr“ lautet das Motto. Anhänger können sich über eine eigens geschaffene Online-Plattform anmelden. Sie leisten Überzeugungsarbeit auf den Straßen und in sozialen Netzwerken.

Ambitioniertes Ziel: Der Einzug ins Parlament. Während nach dem Weggang von Bursík die meisten Kommentatoren das Schicksal der Grünen besiegelt sahen, räumen die neuesten Umfragen der „Strana zelených“ zumindest theoretische Chancen ein. Laut den Meinungsforschern von „ppm factum“ ist die Partei im Moment einen halben Prozentpunkt von der Fünf-Prozent-Hürde entfernt.

Im Profil

Gründung: 1989
Parteivorsitzender: Ondřej Liška
Hauptsitz: Senovážné náměstí 2, Prag 1
Ausrichtung: ökologisch, liberal
Europapartei: Europäische Grüne Partei (EGP)
Mitgliederzahl: 1.333 (07/2013)
Farbe: Grün
Mandate im Abgeordnetenhaus: 0/200
Mandate im Senat: 2/81
Mandate im Europaparlament: 0/22