9.000 Dollar in 24 Stunden

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Interview mit Lukáš Herych, Chef des ungeahnt erfolgreichen Startup-Unternehmens „abdoc“

17. 1. 2013 - Interview: Ivan Dramlitsch

Das tschechische Webentwickler-Unternehmen „abdoc“ erfand das Photoshop-Plugin „CSS Hat“, das innerhalb weniger Monate zu einem in aller Welt gefragten Werkzeug für    Webentwickler wurde. Sogar der Kurznachrichtendienst „Twitter“ will mit „abdoc“ zusammenarbeiten. PZ-Mitarbeiter Ivan Dramlitsch sprach mit dem erst 20 Jahre alten Geschäftsführer Lukáš Hurych.

Welches Problem löst ihr Programm CSS Hat?
Hurych: Bisher war es so: Wenn ein Webdesigner eine Seite entworfen hat, meistens mit Photoshop, musste der Programmierer den Entwurf per Hand in einen Code umwandeln. Das kann sehr langwierig sein. Mit CSS muss er das nicht mehr. Der Programmierer kann einfach ein beliebiges grafisches Element anklicken und bekommt dann automatisch den CSS-Code. Das spart sehr viel Zeit.

Wie entsteht die Idee zu so einem Programm?
Hurych: Wir entwerfen selber Webseiten und waren mit unserem Workflow unzufrieden. Deshalb arbeiteten wir ursprünglich an einem Programm, das Photoshop ganz überflüssig machen sollte. Es zeigte sich aber, dass das Projekt zu gewaltig und zu umfangreich war und wir es schließlich nicht realisieren konnten. CSS Hat ist eine Art Nebenprodukt, das nur etwa zwei Prozent des ursprünglichen Projektes ausmacht. Aber es ist einfach zu bedienen, leicht zu verstehen und daher sehr begehrt.

Wieso ist nicht schon früher jemand darauf gekommen?
Hurych: Alle überlegten in die gleiche Richtung wie wir. Also: Statt Photoshop etwas ganz Neues für die Webgestaltung zu schaffen. Und niemand ist darauf gekommen – ich weiß eigentlich gar nicht warum – mit einem kleinen Plugin für Photoshop eine Menge Arbeit zu ersparen. Wir waren jedenfalls die ersten.

Das Programm kostet 29 Dollar. Wie legt man so einen Preis fest?
Hurych: Das beruht auf Untersuchungen. Die meisten Menschen sind bereit, etwa diese Summe für so ein Programm auszugeben. Würden wir das Doppelte verlangen, hätten wir vielleicht den gleichen Umsatz, aber weniger Kunden.

Sie haben mit dem Programm am ersten Tag 9.000 Dollar verdient. Hat Sie das überrascht?
Hurych: Ja, das hat uns sehr überrascht. Als wir das Programm ins Netz stellten, kam die erste Bestellung nach 10 Minuten. Wir sind dann zum Mittagessen gegangen. Als wir zurückkamen, hatten wir schon 2.000 Dollar verdient. Das war ein wirklich merkwürdiges Gefühl. Wir haben das eher so als Wochenend-Spaß betrachtet und nicht als etwas, womit wir wirklich Geld verdienen.

Heißt das, dass Sie von den Einnahmen dieses Programms leben können?
Hurych: Unser ursprüngliches sechsköpfiges Team lebt bis zum heutigen Tag von diesen Einnahmen.

Wie ist das Team zusammengekommen?
Hurych: Drei von uns haben bereits auf der Mittelschule im kleineren Rahmen Webseiten gemacht. Vor zwei Jahren haben wir dann eine GmbH gegründet. Das erste Jahr war noch eher bescheiden, doch dann fingen wir langsam an zu wachsen. Jetzt sind wir 20 Leute, wobei sechs davon an CSS arbeiten und die anderen klassische Auftragsarbeiten übernehmen.

Wie war ihr Weg in diese Branche?
Hurych: Mich haben schon als Kind nicht die Computerspiele interessiert, sondern das, was dahintersteckt. Das fand ich faszinierend, zum Beispiel wie man den Schulserver hacken kann. Und irgendwie bin ich dabei geblieben.

Haben Sie Ihre Computerkenntnisse auch der Schule zu verdanken oder sind Sie Autodidakt?
Hurych: Ich habe zwar eine private IT-Schule besucht, aber dort nichts gelernt, was ich heute brauche und anwende. Das habe ich mir alles selbst angeeignet, genauso wie alle anderen in unserem Team.

Ihr Arbeitstag beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück des gesamten Teams. Hat das einen besonderen Grund?
Hurych: Ja. Die Arbeit von 25 Leuten ist nicht mehr so einfach zu synchronisieren. Wir haben es mit morgendlichen Meetings probiert, aber für die meisten Leute sind diese Treffen Zeitverschwendung, die meisten müssen da gar nicht dabei sein. Trotzdem wollten wir etwas haben, wo man sich trifft, sich mitteilt und Sachen bespricht. So kamen wir auf das angenehm informelle Format Frühstück. Wer will, der kommt, wer nicht, der nicht. Das funktioniert ganz gut.

Wie bewerten sie die IT-Szene in Tschechien?
Hurych: Sie ist einerseits sehr zersplittert und andererseits gibt es hier diese Neid-Mentalität. Man gönnt einfach niemand den Erfolg. Allgemein fehlen in Tschechien noch die großen Erfolgsgeschichten, die auch als Modell für die anderen funktionieren könnten.

Was sind die aktuellen Projekte?
Hurych: Es geht immer noch darum, den Workflow der Web-entwickler zu verbessern. Aktuell arbeiten wir an einem Web-Dienst, der das ermöglichen soll.