Ist der Ruf erst ruiniert …

Ist der Ruf erst ruiniert …

Präsident Zeman ist laut einer Analyse „das größte Problem der tschechischen Außenpolitik“. Innenpolitisch übt er den Schulterschluss mit Andrej Babiš – und tauft Kängurus im Storchennest

4. 5. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: Katharina Wiegmann; Foto: Pražský hrad

Dafür, dass die Worte aus der Feder von Wissenschaftlern stammen, sind sie erstaunlich deutlich. „Der Präsident ist das größte personelle Problem der tschechischen Außenpolitik“, schreiben Experten der Prager „Organisation für internationale Fragen“ (AMO) in einem Report, der in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde. Die Regierung müsse sich von seinen „Exzessen“ deutlich distanzieren und klarmachen, dass es sich bei den Stellungnahmen von der Burg um „politische Folklore“, keinesfalls aber um die Haltung der Tschechischen Republik handle.

Besonders kritisieren die Polito­logen in ihrer „Agenda für die tschechische Außenpolitik 2016“ die Teilnahme Miloš Zemans an den Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Moskau und Peking im vergangenen Jahr. Bei beiden Anlässen hatte er sich für ein Ende der EU-Sanktionen gegenüber Russland ausgesprochen, die im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Konflikt verhängt worden waren. Die AMO-Analyse konstatiert zudem, dass in den Äußerungen Zemans über Migration „keine Spur von Menschlichkeit“ oder Interesse an Hilfe für Bedürftige verzeichnet werden könnte, sondern lediglich Beleidigungen anderer Kulturen und Religionen. Der Präsident schade dem Ruf des Landes. Harte Worte über ein – immerhin demokratisch gewähltes – Staatsoberhaupt.

Zeman zeigt sich davon offenbar wenig beeindruckt. Seinem Sprecher Jiří Ovčáček war die 84-seitige Analyse nicht mal die 140 Zeichen einer Twitter-Meldung wert. Und schließlich hatte man auf der Burg letzte Woche auch Besseres zu tun. Am Donnerstag machten sich Zeman und sein Tross auf zum Čapí hnízdo („Storchennest“). Finanzminister Andrej Babiš hatte in den Streichelzoo seines Erholungsresorts eingeladen, für das sich derzeit die tschechische Staatsanwaltschaft sowie das Europäische Amt für Betrugs­bekämpfung (OLAF) interessieren. Es besteht der Verdacht, dass für den Ausbau der Farm mit Hotelbetrieb EU-Subventionen in Millionenhöhe kassiert wurden, die dem Projekt nicht zustanden. Nach wochenlangen Ausweichmanövern hatte Babiš im März schließlich zugegeben, das „Storchennest“ habe in der fragwürdigen Zeit Mitgliedern seiner Familie gehört. Bis 2007 hatte das Gelände zu Babišs Konzern Agrofert gehört, der aufgrund seiner Größe keine Gelder aus dem betreffenden EU-Programm erhalten hätte. Nach einem kurzzeitigen Eigentümerwechsel, der die Subventionen möglich machte, kehrte der Betrieb in die Holding zurück.

Gegenseitige Unterstützung
Präsident Zeman fand es nicht problematisch, dass er sich nun auf dem Luxushof zeigte. Der mutmaßliche Betrugsskandal interessiert ihn wenig. „Die Vorstellung, dass ich den Fall Storchennest, Drosselnest, Kuckucksnest oder wie auch immer verfolge, ist vollkommen unbegründet. Ich befasse mich nur mit Dingen, die einen Wert von mehr als einer Milliarde Kronen haben. Für das Storchennest fehlt mir die Zeit“, zitiert die tschechische Tageszeitung „Hospodářske noviny“ das Staatsoberhaupt. Für eine Känguru-Taufe unter Anwesenheit einer Gruppe von Heimkindern reichte es dann aber doch.

Allerdings könnte die feierliche Zeremonie nicht der einzige Grund für den Besuch gewesen sein, vermuten zum Beispiel die Kommentatoren der „Hospodárske noviny“, die in dem Treffen einen öffentlichen Schulterschluss von Zeman und Babiš sehen. Zeman möchte im Jahr 2018 als Präsident wieder­gewählt werden, Babiš interessiert sich für das Amt des Regierungschefs. Auf die gegenseitige Unterstützung könnten die beiden laut Umfragen beliebtesten Politiker des Landes nicht verzichten. Sie könnten sich gegenseitig politische und mediale Rückendeckung geben, schreibt Petr Fischer und bezieht sich dabei auf Babišs Rolle als Eigentümer einflussreicher Medien. Diese könnten Zeman im Wahlkampf einen „ganz besonderen Platz“ einräumen. Eine „oligarchisch-monarchische Allianz“ bahne sich an, warnt Petr Honzejk.

Das von Zeman getaufte Känguru bekam übrigens den Namen Bimbo. Ob sich der Präsident hier eine subtile Spitze erlaubt hat? In den USA hatte Präsidentschaftsanwärter Donald Trump im Januar eine TV-Moderatorin herablassend als „Bimbo“ bezeichnet und damit für internationale Empörung gesorgt. Im englischen Slang wird das Wort für attraktive aber wenig intelligente Frauen verwendet.