Bewahren und zeigen

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Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg feiert 50-jähriges Bestehen

17. 11. 2016 - Text: Klaudia HanischText: kh/PZ; Bilder: Dr. Meierhofer/CC BY-SA 3.0, KOG, Pechstein – Hamburg/Tökendorf

Es sieht so aus, als stünde das Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg (KOG) auf wackeligen Füßen. Vier schiefe, knallrote Säulen stützen das klassizistische Eingangsportal. Die Installation der tschechischen Künstlerin Magdalena Jetelová stammt aus dem Jahr 2006. Mittlerweile ist sie zu ­einem Wahrzeichen des ­Museums geworden, das nun sein 50-jähriges Bestehen feiert.

Am 16. November 1966 wurde im Alten Rathaus in Regensburg die Stiftung „Ostdeutsche Galerie“ gegründet, die bis heute Träger des Museum ist. Die Initiative ging vor allem vom Adalbert-Stifter-Verein aus. Seine Sammlung mit Werken sudeten­deutscher Künstler übergab er 1957 an das Museum der Stadt Regensburg. Zwei Jahre später eröffnete die „Sudetendeutsche Galerie“ in der ehemaligen Kunsthalle am Stadtpark und machte diese Werke zum ersten Mal dem Publikum zugänglich. Zugleich suchte auch die Künstlergilde – eine Selbsthilfeorganisation geflüchteter Künstler – einen festen Ort für ihre Kunstsammlung aus den ehemaligen deutschen Siedlungsgebieten in Osteuropa. Die Stadt Regensburg erweiterte die bereits bestehende „Sudetendeutsche Galerie“ zur „Ostdeutschen Galerie“. Das ursprüngliche Gebäude erhielt einen modernen Anbau im Stadtpark, 1970 wurde das Museum eingeweiht.

Selbstbildnis von Lovis Corinth

Über die Jahre hinweg wuchs der Bestand auf mehr als 2.000 Gemälde, 500 Skulpturen und 30.000 grafische Blätter an. Dazu gehören Werke von Größen wie Lovis Corinth, der mit 14 Gemälden vertreten ist, und Käthe Kollwitz. Auch Max Pechsteins „Der Blaue Tag“ aus dem Jahr 1911 und Oskar Kokoschkas „Prag. Blick vom Moldauufer auf die Kleinseite und den Hradschin III“ von 1936 sind darunter zu finden. Zudem sind Adolph von Menzel, Karl Schmidt-Rottluff, Lyonel Feininger, Jiři Kolář und Markus Lüpertz mit bedeutenden Bildern vertreten.

Im Jahr 2003 wurde das Museum in „Kunstforum Ostdeutsche Galerie“ umbenannt. Die Institution versteht sich heute als eine lebendige Plattform für den nach der Auflösung des Eisernen Vorhangs tatsächlich möglichen Dialog zwischen Ost und West. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit Tschechien, beispielsweise mit der Nationalgalerie in Prag. Aus dieser Kooperation ist unter anderem die Wanderausstellung „Oskar Kokoschka und die Prager ­Kulturszene“ hervorgegangen, die im Winter vorigen Jahres zu sehen war. Ein weiteres, großes Projekt wird derzeit vorbereitet. Wissenschaftlicher Austausch besteht außerdem mit der Westböhmischen Galerie in Pilsen (Západočeská galerie v Plzni) und der Regionalgalerie in Liberec (Oblastní galerie v Liberci). Auch mit Partnern in der Schweiz, Frankreich, Österreich und Polen arbeitet das KOG zusammen.

Eduard Gaertners „Ansicht vom Rathaus zu Breslau“

Koggi gesucht
Heute konzentriert sich das Museum verstärkt auf zeitgenössische Kunst und aktuelle gesellschaftliche Fragen. So widmet sich eine Veranstaltungreihe dem Thema „Flucht und Vertreibung“. Die Ausstellung „Heimat? Osteuropa in der zeitgenössischen Fotografie“ versammelte die Perspektiven von 13 Künstlern aus Bulgarien, Deutschland, Rumänien, Russland und Tschechien. Über künstlerische Werke, die beispielhaft für parallele Entwicklungen auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs stehen, verfügt die Michaela-Riese-Stiftung, die im Jahr 2008 im Kunstforum gegründet wurde. Sie umfasst 30 Mappenwerke informeller und konkreter Kunst aus der BRD sowie Werke tschechischer und russischer Künstler.

„Blauer Sonntag“ von Max Pechstein

Seit 1974 vergibt das Museum gemeinsam mit der Künstlergilde Esslingen alle zwei Jahre den Lovis-Corinth-Preis. Die nach dem berühmten Maler benannte Auszeichnung würdigt Künstler, deren Wirken mit den Kulturlandschaften Osteuropas verbunden ist. In diesem Jahr erhielt der Schweizer Daniel Spoerri den Preis. 1930 in Rumänien geboren, gehört er heute zu den bedeutendsten Vertretern der Objektkunst. Bekannt wurde Spoerri vor allem als Begründer des „Fallenbildes“: Alltägliche Objekte wie benutztes Geschirr oder Speisereste befestigte der Künstler auf einer festen Unter­lage. Das Resultat wird zum Bild erklärt und an die Wand gehängt. Dem Betrachter stellt Spoerri in dem Sinne eine Falle, indem er in ihm den Eindruck erweckt, ein Tisch mit Resten einer Mahlzeit würde vor ihm stehen, und nicht hängen. Dem Œuvree Spoerris widmet das KOG bis 26. Februar eine große Werkschau.  

Am Sonntag, 20. November lädt das Museum seine Besucher zum Feiern ein. Ein Vortrag der ­Direktorin beleuchtet die Hintergründe des Sammlungsauftrags, Führungen geben Einblick in die Kunstbestände. Kinder können im Workshop „Koggi gesucht“ das künftige Museumsmaskottchen entwerfen.

Informationen unter www.kog-regensburg.de