Filmpreis: Zwischen Trauma und Mythos

Filmpreis: Zwischen Trauma und Mythos

„Ztraceni v Mnichově“ gewinnt den tschechischen Filmkritikerpreis – Štěpán Altrichter wird „Aufsteiger des Jahres“

28. 1. 2016 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: Lucky Man Film

Er existiert erst seit 2010 und dennoch gilt er bereits als eine der wichtigsten Auszeichnungen in der tschechischen Filmbranche. Am Samstag ist in Prag zum sechsten Mal der tschechische Filmkritikerpreis vergeben worden. Die aus Journalisten bestehende Jury wählte die Tragikomödie „Ztraceni v Mnichově“ („Verloren in München“) von Petr Zelenka zum besten tschechischen Film des Jahres 2015. Außerdem gewann das Werk die Auszeichnung für die beste Regie sowie das beste Drehbuch. Die Vergabe gilt als Probelauf für den bedeutendsten Filmpreis des Landes, den „Český lev“ („Böhmischer Löwe“), der im März verliehen wird.

Zelenka erzählt in „Ztraceni v Mnichově“ eine skurrile Geschichte rund um den 90-jährigen Papagei des ehemaligen französischen Premierministers und Mitunterzeichners des Münchner Abkommens Édouard Daladier. Die Satire legt offen, wie tief der „Münchner Verrat“ von 1938 in der tschechischen Gesellschaft verankert ist und wie eng die Grenzen zwischen Trauma und Mythos verlaufen.

Geehrt wurde mit „Schmitke“ auch eine deutsch-tschechische Koproduktion. Die Mischung aus Drama und Komödie mit Peter Kurth in der Hauptrolle ist das Spielfilmdebüt des in Berlin lebenden Regisseurs Štěpán Altrichter. Das Werk war zunächst ein Studentenprojekt, entwickelte sich aber dank Geldgebern aus Deutschland und Tschechien zu einem Spielfilm, der es bis in die Programme renommierter Festivals schaffte. So wurde er im südkoreanischen Busan und in Karlovy Vary gezeigt. Der 35-jährige Filmemacher aus Brünn sieht denn auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit die „Zukunft des tschechischen Films“. Sein Werk erhielt den Preis für den besten Ton. Außerdem wurde Altrichter mit der Ehrung „Aufsteiger des Jahres“ ausgezeichnet.

Den Preis für den besten Dokumentarfilm bekam „Opři žebřík o nebe“ („Lehne eine Leiter gegen den Himmel“) von Jana Ševčíková. In der Wertung der Schauspieler siegten Kryštof Hádek für seine Leistung in „Kobry a užovky“ („Die Schlangenbrüder“) und Alena Mihulová für ihr Spiel in „Domácí péče“ („Häusliche Pflege“) von Slávek Horák.