Zielscheibe Islam

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Erneut Übergriff auf Moschee in Brünn – Muslime befürchten weitere Anschläge

17. 11. 2015 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Harold/CC BY 3.0

Anstelle der weißen Fassade begrüßten dunkle Flecken an der Wand ihrer Moschee die Brünner Muslime in der vergangenen Woche. In dicken Schlieren rann braunes Motoröl an Eingangsportal und Wänden herunter. Was in der Nacht zum Freitag geschah, nahm eine Überwachungskamera am Gebäude auf: Ein Mann und eine Frau versuchten gegen drei Uhr morgens zunächst in die Moschee einzudringen; danach verunstalteten sie Fassade, Fenster und Tür.

„Für uns ist das eine unbegreifliche Drohung“, sagte der Vorsitzende der muslimischen Gemeinde in Tschechien Muneeb Hassan Alrawi. „Nach den Anschlägen in Paris ist es zwar noch ruhig bei uns, aber wir befürchten weitere Übergriffe.“ Der Vorfall ereignete sich am Abend vor dem „Festival der Kulturen des Nahen Ostens“, mit dem die Internationale Humanistische Organisation Tschechiens das Publikum für die Menschen dieser Region sensibilisieren will. Ähnliche Vorfälle hatte es bereits in der Vergangenheit gegeben (siehe Kasten). Täter konnte die Polizei bisher nicht ermitteln. Um die Moschee besser zu schützen und die Ermittlungen zu unterstützen, soll laut Alrawi demnächst eine weitere Überwachungskamera installiert werden.

Polizei ermittelt
Warum das Paar die Moschee beschmutzte, ist bisher unklar. Über die Höhe des Schadens konnte die muslimische Gemeinde noch keine Angaben machen. „Wir müssen erst berechnen, wie viel ein Neuanstrich der Fassade kostet“, so Alrawi.

Die Polizei ermittelt in dem Fall wegen Sachbeschädigung. Wie die Sprecherin der südmährischen Polizei Petra Ledabylová mitteilte, gehe die Behörde davon aus, dass es sich „angesichts der Tatsache, dass es auf der Wand keine Zeichen gab, die auf religiösen Hass hindeuten, nicht um eine extremistisch motivierte Tat handelt“. Alrawi zufolge habe es in den vergangenen Monaten wiederholt feindliche Reden gegen Muslime gegeben. „Es gab auch Angriffe auf Personen, vor allem auf verschleierte Frauen.“

Einer Statistik aus dem Jahr 2011 zufolge leben in Tschechien nur etwa 10.000 Angehörige des Islams. Das bedeutet, dass auf 919 tschechische Einwohner ein Muslim kommt.

Angriffe in Brünn
Die landesweit erste Moschee entstand 1998 in Brünn, wo der Großteil der muslimischen Gemeinde Tschechiens lebt. Dem Bau gingen langwierige Proteste der Einwohner voraus. Der Magistrat genehmigte ihn schließlich mit der Auflage, dass er weder Minarett noch Kuppel besitzen und die umliegenden Gebäude nicht überragen dürfe. Eine weitere Moschee wurde ein Jahr darauf in Prag errichtet; 2010 eröffnete eine Moschee in Karlovy Vary. Muslimische Gotteshäuser in Olomouc, Teplice und Hradec Králové wurden bislang durch die örtlichen Behörden verhindert.

In der Vergangenheit wurde die muslimische Gemeinde in Brünn mehrfach zum Ziel von Angriffen. Erstmals besprühten 2008 Unbekannte die Fassade mit der Aufschrift „Stopp den Islam“. Drei Jahre später erhielt die Moschee eine Bombendrohung. Im Dezember 2013 legten anonyme Täter Schweineknochen vor die Eingangstür; die Türklinke beschmierten sie mit Schmalz und hängten daran ein Stück Schweinefleisch. An die Tür schrieben sie „Verwenden Sie den Seiteneingang!“ und „Das ist ein Zeichen von Toleranz“. Im August dieses Jahres versuchte ein Mann in einem Supermarkt, einer Muslimin das Kopftuch abzureißen. Als sich die junge Frau in fehlerfreiem Tschechisch wehrte, drohte er, ihr den Kopf abzuschneiden. Im September schlugen Vandalen die Fenster der Moschee ein.   (fn)