Wikipedia trifft Einstein

Wikipedia trifft Einstein

Schüler lernen kritischen Umgang mit Internetquellen

15. 9. 2016 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: APZ

Wer gerne mal den Untergang des Abendlandes heraufbeschwört, sollte sich für diese Nachricht interessieren: Wikipedia ist an tschechischen Schulen nicht länger offiziell verpönt. Ob für ein Referat über den Borkenkäfer im Böhmerwald, eine Gruppenarbeit über Smetanas „Verkaufte Braut“ oder einen Aufsatz zu Jan Hus: Endlich kann man sich Informationen (und manchmal ganze Textpassagen) ganz legal bei Wiki­pedia zusammensuchen, ohne den Zorn des Lehrers fürchten zu müssen?

Ganz so einfach ist es nicht. Die Jugendlichen sollen vielmehr lernen, wie sie mit „Wiki“ als Quelle umgehen, statt es weiterhin unreflektiert zu nutzen. Das berichtete die Tageszeitung „Hospodářské noviny“ in der vergangene Woche. So seien viele Heranwachsende zum Beispiel überrascht, wenn sie erfahren, dass Einträge bei Wikipedia ganz einfach von jedem umgeschrieben werden können. Das sollte man gerade im Moment aber lieber nicht so laut erzählen. Sonst überlegt es sich der US-amerikanische Regisseur Ron Howard womöglich anders und will seine zehnteilige Serie „Genius“ über das Leben von Albert Einstein doch nicht in Tschechien drehen. Am Woche­nende war sein Team bereits in der Prager Grundschule „Na Smetance“ zu Gast, die sich dafür in das Münchner Luitpold-­Gymnasium verwandelte. Geplant sind auch Aufnahmen an den Universitäten in Brünn und Pilsen, in den Räumen des Verkehrs- und Landwirtschafts­ministeriums und im Rudol­finum.

Aber vielleicht sind die Sorgen auch unbegründet, denn angelockt haben Howard ja die finanziellen Anreize der tschechischen Filmförderung, nicht etwa die Intelligenzquotienten der heimischen Jugend. Seine beiden Oscars hat er außerdem für den Film „A Beautiful Mind“ gewonnen, behauptet Wikipedia. Im Deutschen trägt der Film den Untertitel „Genie und Wahnsinn“ – wahrscheinlich fühlt Howard sich in Tschechien ganz wohl.