Von edlen Kerkern und herrschaftlichen Ruinen

Von edlen Kerkern und herrschaftlichen Ruinen

In Burgen und Schlössern des Landes beginnt die Besuchersaison

27. 3. 2013 - Text: Franziska NeudertText: fn; Foto: zbdh12

Tschechien ist bekannt für seine zahlreichen Burgen und Schlösser. Über 2.000 Festungen, Burgruinen und ehemalige Herrschaftssitze sind bis heute erhalten – und somit ein ideales Ziel für Wochenendausflügler und Reisende auf den Spuren vergangener Jahrhunderte. Traditionell öffnen die Burgen und Schlösser am Osterwochenende wieder ihre Pforten für die ersten Besucher. Bis zum 31. Oktober dauert die Saison, die jenseits der historischen Gemäuer eine Vielzahl an Veranstaltungen bereithält – von Fechtturnieren über Feste, Ritterspiele und mittelalterliche Jahrmärkte bis hin zu klassischen Konzerten. Die „Prager Zeitung“ gibt einen kleinen Überblick für Ausflugstipps zu ausgewählten Burgen und Schlössern in Böhmen und Mähren.

Burg Loket (Elbogen)
Auf einem Felsvorsprung innerhalb einer Flussschlaufe der Eger liegen das Städtchen Loket und die gleichnamige Burg. Ihren Namen – das tschechische Loket bezeichnet im Deutschen den Ellbogen – verdankt die Festung ihrer exquisiten Lage: Zu drei Seiten von der Eger umflossen, vermittelt sie das Bild, wie ein Ellbogen in die Landschaft eingebettet zu sein. Die Burg zählt zu den besterhaltenen mittelalterlichen Profanbauten Tschechiens. Im 12. Jahrhundert als Trutzburg zum Schutz der Grenze errichtet, wurde sie lange als Schlüssel zum Königreich Böhmen bezeichnet. Im folgenden Jahrhundert wurde der Bau um eine Unterburg erweitert und bis in die 1520er Jahre kontinuierlich ausgebaut; daher weist er Stilmerkmale aus der Zeit der Romanik und Gotik auf. Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) begann die Burg zu verfallen. Sie wurde in Aufeinanderfolge von Aufständischen, den Bayern, den Sachsen und den Söldner-Truppen von Wallenstein besetzt. Nur den Schweden konnte sie 1646 Widerstand leisten. Im 17. Jahrhundert verlor die Burg an Bedeutung, später wurde sie als Lagerstätte und Gefängnis genutzt. Heute erwartet den Besucher eine Ausstellung zur Burggeschichte sowie eine historische Porzellan- und Waffensammlung.

Burg Loket, geöffnet: täglich 9–16.30 Uhr (April–Oktober), 9–15.30 Uhr (November–März), Eintritt: 110 CZK (ermäßigt 90 CZK), www.hradloket.cz

Burg Křivoklát (Pürglitz)
Die massive, von dichten Wäldern umgebene Königsburg Křivoklát (Pürglitz) war einst beliebter Aufenthalts- und Jagdort der Přemysliden und Luxemburger. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts im mittelböhmischen Bezirk Rakovník (Rakonitz) entstanden, wurde die Burg im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut. Die entscheidende Umgestaltung im Stil der Spätgotik veranlasste Vladislav II. von Böhmen und Ungarn. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Burg durch zahlreiche Brände schwer beschädigt. Ihre Reputation sank schließlich, als man später ein Gefängnis in der Anlage einrichtete. Im 19. Jahrhundert wurde die Festung im romantischen Stil restauriert und 1881 die Bibliothek aus dem Prager Palais Fürstenberg in ihre Gemäuer überführt. Wer die Burg besucht, findet in der gotischen Kapelle mit ihrem reich verzierten Altar die ursprüngliche Ausstattung wieder. Außerdem erwarten den Gast ein Rittersaal mit einer Exposition zu gotischen Malern und zur Bildhauerkunst, eine Burgbibliothek mit 52.000 Bänden, die Gemäldegalerie der Familie Fürstenberg und das berüchtigte Burggefängnis mit Folterkammer mit Martergeräten.

Burg Křivoklát, geöffnet täglich (außer montags) 10–16 Uhr (April, Oktober), 10–17 Uhr (Mai), 9–17 Uhr (Juni), 9–18 Uhr (Juli, August), 10–15 Uhr (November, Dezember), Eintritt: 110 CZK (ermäßigt 80 CZK), www.krivoklat.cz

Schloss Vranov n. Dyjí (Frain)
Das monumentale Barockschloss thront auf einem Felsen über dem Fluss Thaya nahe der österreichischen Grenze. Seine heutige Gestalt verdankt es einem Umbau nach den Plänen des Wiener Hofarchitekten Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723), der auch die Karlskirche in Wien sowie die Brunnen auf dem Krautmarkt in Brünn gestaltete. Ende des 17. Jahrhunderts ließ der Baumeister die alte romanisch-gotische Burg, die nach einem Brand im Jahre 1665 weitgehend zerstört wurde, zu einem barocken Prachtbau umformen. So entstanden unter anderem der herrschaftliche Ahnensaal des Adelsgeschlechts der Althann mit seinen prunkvollen Fresken und ein weitläufiger Schlossgarten wurde angelegt. Im Laufe der nächsten Jahrhunderte erhielt das Schloss in seinem Westflügel künstlerisch wertvolle Wandmalereien und eine umfangreiche Bibliothek. Neben dem Ahnensaal und der Schlosskapelle mit der Familiengruft der Althanns können weitere Räume besichtigt werden, deren Inneneinrichtung Zeugnisse der adeligen Wohnkultur des 18. und 19. Jahrhundert darstellen. Darüber hinaus befindet sich im Schloss eine reiche Sammlung von Steingutprodukten der Keramikmanufaktur in Vranov.

Schloss Vranov nad Dyjí, geöffnet: täglich 10–16 Uhr (April, Oktober), 10–17 Uhr (Mai, Juni, September), 10–18 Uhr (Juli, August), Eintritt: 120 CZK (ermäßigt 80 CZK), www.zamek-vranov.cz

Schloss Mikulov (Nikolsburg)
Anstelle einer slawischen Siedlung nahe der heutigen österreichischen Grenze befand sich Ende des 13. Jahrhunderts eine steinerne Burg. Diese wurde in den Jahren zwischen 1719 und 1730 großzügig zu einem Renaissanceschloss umgestaltet – und erhielt damit ihre heutige Gestalt. Während des Deutschen Krieges im Jahr 1866 fungierte der Herrschaftssitz als Hauptquartier des preußischen Königs Wilhelm I. und des Kanzlers Otto von Bismarck. Am 26. Juli 1866 wurde hier der Krieg zwischen Preußen und Österreich durch den Vorfrieden von Nikolsburg beendet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges brannte das Schloss beim Rückzug der deutschen Truppen bis auf die Grundmauern ab, in den Fünfzigern wurde es wieder aufgebaut. Heute befindet sich in den Schlossräumen ein regionales Museum mit Ausstellungen zu den Themen Weinbau in Mähren sowie Spuren der Römer und Germanen in Mähren. Darüber hinaus besitzt das Museum eine bedeutende Sammlung wissenschaftlicher Instrumente aus der Zeit vom 16. bis 19. Jahrhundert.

Schloss Mikulov, geöffnet täglich (außer montags) 9–16 Uhr (April, Oktober), 9–17 Uhr (Mai, Juni, September), 9–18 Uhr (Juli, August), Eintritt: 100 CZK (ermäßigt 50 CZK), www.mikulov.cz

Festung Jaroměř (Josefov)
Die klassizistische Festung mit ihrem weitläufigen System unterirdischer Gänge von 45 Kilometern Länge stammt aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Sie wurde auf Geheiß von Kaiser Joseph II. zum Schutz der Landesgrenze vor den Preußen erbaut. Die Anlage blieb militärisch bedeutungslos, diente jedoch der Stationierung preußischer Truppen während des Deutschen Kriegs 1866 und später als Gefängnis. Im Ersten Weltkrieg wurde sie als Kriegsgefangenenlager für 40.000 russische, serbische, italienische und ukrainische Soldaten genutzt; nach Kriegsende war die Festung bis 1924 Internierungsort für desertierte russische Militärangehörige. Während einer Führung bei Kerzenschein können Neugierige das Labyrinth mit seinen unterirdischen Gängen erkunden. Zudem bietet die Festung eine historische Ausstellung und ein Lapidarium barocker Statuen. Seit 2007 findet jeden Sommer auf dem Gelände das Metal- und Hardcore-Festival „Brutal Assault“ statt.

Festung Jaroměř, geöffnet samstags und sonntags 9–12 Uhr, 13–17 Uhr (April), täglich (außer montags) 9–12 Uhr, 13–17 Uhr (Mai, Juni), 9–12 Uhr, 13–18 Uhr (Juli, August), Eintritt: 60 CZK (ermäßigt 40 CZK), www.pevnostjosefov.cz

Schloss Mnichovo Hradiště (Münchengrätz)
Der berühmte Feldherr Albrecht von Waldstein (Wallenstein) erwarb 1623 den damals noch im Renaissance-Stil gestalteten Adelssitz. Ende des 17. Jahrhunderts wurde er in ein barockes Schloss umgebaut. Im Zentrum des Hauptgebäudes entstand ein Uhrturm. Der Ehrenhof vor dem Schloss wurde von einer Reitschule, Stallungen und einem Park mit einer Sala terrena umgeben, einem kleinen Lusthaus. Außerdem wurde der Bau des angrenzenden Kapuzinerklosters aufgenommen. Unter den Schlosssammlungen ist besonders diejenige der Delfter zu nennen, darüber hinaus kann Porzellan, Keramik und Steingut aus dem Orient und Europa besichtigt werden. Die reich ausgestattete Schlossbibliothek enthält unter anderem 33 Wiegendrucke und 239 Manuskripte. In der Kapuzinerkirche und der Kapelle der heiligen Anna befindet sich ein Lapidarium mit barocken Statuen und die Gruft mit den Überresten Wallensteins.

Schloss Mnichovo Hradiště, geöffnet samstags und sonntags 8.45–15 Uhr (April, September), täglich (außer montags) 8.45–16 Uhr (Mai–September), Eintritt: 110 CZK (ermäßigt 80 CZK), www.mnichovo-hradiste.cz