Vom ernsten Süden ins verträumte Skandinavien

Vom ernsten Süden ins verträumte Skandinavien

Nieten und Superstars beim „Nordischen Filmwinter“ und „La Película“

10. 2. 2016 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Fotos: Solar Films, Bodega Films

Zwischen Andalusien und der Finnmark liegen gut 5.000 Kilometer und etwa 20 Flugstunden. Auf dem Weg von Gibraltar nach Hammerfest kann ein Reisender West- und Nordeuropa kennenlernen. Wem Zeit, Muße oder Geld für einen solchen Trip fehlt, der kann den Südwesten und den Norden des Kontinents in der kommenden Woche von Prag aus erkunden. Vom 15. bis 21. Februar bringen der „Nordische Filmwinter“ („Severská filmová zima“) und das Festival „La Película“ zwei traditions­reiche Filmkulturen auf die Leinwände der Kinos Lucerna und Světozor.

Der thematische Schwerpunkt der spanischen Beiträge liegt wie oft seit der jüngsten Weltwirtschaftskrise auf den sozialen und ökonomischen Problemen, mit denen die Menschen auf der iberischen Halbinsel kämpfen. Etwa die Hälfte der unter 30-Jährigen hat keine Arbeit, ist gefangen im Teufelskreis aus Geldnot und Perspektivlosigkeit. In „Los héroes del mal“ erzählt Zoe Berriatúa die Geschichte der drei Heranwachsenden Esteban, Sarita und Aritz, die sich mit Alkohol und Drogen dem Leistungsdruck entziehen. Auf ihrer exzessiven Flucht vor der Realität müssen sie aufpassen, nach dem sozialen Halt nicht auch noch ihre Freundschaft zu verlieren.

Jaime Rosales’ „Hermosa juventud“ („Schöne Jugend“) behandelt eine ähnliche Lebens- und Leidensgeschichte. Natalia und Carlos wählen einen unkonventionellen Weg, um finanzielle Engpässe zu überwinden. Sie drehen zusammen einen Amateur-Porno. Die Folgen ihres Handels bringen sie bald an die Grenzen ihrer psychischen und emotionalen Belastbarkeit.

Hermosa juventud
Unter den drei Filmen des baskischen Regisseurs Julio Médem, die in der Sektion „Retrospektive“ gezeigt werden, ragt „Ma ma“ heraus. Das liegt vor allem an der Hauptdarstellerin Penélope Cruz, die in dem romantischen Drama aus dem Jahr 2015 eine an Krebs erkrankte schwangere Lehrerin spielt. Außerdem stehen drei rein baskische Produktionen sowie einige lateinamerikanische Beiträge auf dem Programm von „La Película“.

Auch aus dem Norden erwartet die Zuschauer – ähnlich wie in Berriatúas „Los héroes del mal“ – eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Im Drama „Beatles“ von Peter Flinth entdecken vier Jugendliche im Norwegen der sechziger Jahre den Rock’n’Roll, die Liebe und die Komplikationen, die beide Phänomene verursachen. Heiter bis absurd geht es in Magnus Martens’ „Jackpot“ („Vier Nieten landen einen Treffer“) zu. Die actionreiche Krimikomödie um vier Kleinkrimininelle, die zusammen einen Lotto-Jackpot gewinnen, lief vor vier Jahren beim Filmfestival in Karlsbad.

Aus der Reihe fällt der finnische Film, der bekannt ist für seine ganz eigene Formsprache. Antti J. Jokinen entführt das Publikum in „The Midwife“ in die Wirren des Zweiten Weltkriegs. Ein Bauernmädchen verliebt sich in einen SS-Offizier und gerät zwischen die Fronten, die quer durch die finnische Gesellschaft verlaufen. Jokinen gelingt der Spagat zwischen Kriegsdrama und Liebesfilm mit sagenhaften Landschaftsaufnahmen.

Beide Festivals zeigen die Beiträge mit englischen Untertiteln und ziehen nach dem Prager Gastspiel nach Brünn, Ostrava und Hradec Králové.

Severská filmová zima, 15. bis 21. Februar, Kino Lucerna, www.sfklub.cz

La Película, 16. bis 21. Februar, Kino Světozor, www.lapelicula.cz