Schlaflose Nächte für 4.700 Euro

Schlaflose Nächte für 4.700 Euro

In der Hoffnung auf einen neuen Heizkessel übernachten in Olomouc Hunderte in der Behörde

24. 2. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Dunnd74/CC BY 2.5

Szenen wie diese kennen sonst nur Rockstars. Um ein Autogramm oder eine Konzertkarte zu ergattern, schlagen Fans manchmal Tage vorher irgendwo ihre Zelte auf oder schlafen auf der Straße, damit sie auch ja rechtzeitig da sind, wenn das Idol auftaucht oder der Vorverkauf eröffnet wird. In Olomouc ist am vergangenen Wochenende das Regional­zentrum Schauplatz eines solchen Ansturms geworden. Hunderte standen Schlange, viele verbrachten schon die Nacht vor und in der Behörde. Das Objekt ihrer Begierde war eher ungewöhnlich: Sie hofften, sich einen Zuschuss zu sichern, mit dem sie ihre alten Heizkessel austauschen können.

Am Sonntagnachmittag warteten bereits die ersten hundert Bürger vor dem Amt in Olomouc, um sich eine gute Startposition zu ergattern. Von den Beamten bekamen sie zunächst Nummern zugeteilt. Die meisten waren warm angezogen und mit Klappstühlen und Thermoskannen voll heißem Tee oder Kaffee ausgestattet. Die Behörden ließen sie in die Eingangshalle des Regionalzentrums, wo etwa 200 Wartende die Nacht verbrachten. Am Montagmorgen waren es dann rund 500, die ihren Antrag abgaben.

Jaroslava Fabiánová war eine der Ersten vor dem Regionalzentrum. Sie kam bereits am Samstagabend mit dem Auto, parkte in der Nähe und wartete zunächst im Wagen. Immer wieder stieg sie aus und sah nach, ob schon jemand vor der Tür der Behörde zu sehen war. „Ich habe überhaupt nicht geschlafen“, erzählt sie. „Als es anfing zu regnen, hat mir jemand meinen Stuhl und mein Kissen geklaut, die ich nur einen Moment aus den Augen gelassen habe.“ Am Ende saß sie auf einer alten Gemüsekiste. Ein wenig schlummern konnte sie erst, nachdem die Beamten die Wartenden am Sonntagabend in die Eingangshalle des Regionalzentrums gelassen hatten. Dort suchte Fabiánová sich einen ruhigen Platz auf dem Boden. „Ich war ganz allein, niemand konnte mich ablösen, weil mein Mann krank ist. Nur meine Tochter hat mir etwas zu essen gebracht.“ Zermürbt hat sie das lange Warten aber nicht. Obwohl alle müde waren, sei die Stimmung gut gewesen, berichtet sie. Man habe Gelächter und Witze gehört.

Ob das Lachen manchen wieder vergeht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen, wenn ausgerechnet wird, ob die Kesselzulage für alle reicht. Am Montagnachmittag hatten die Beamten bereits 1.681 Anträge entgegengenommen. Dem Kreisamt stehen insgesamt 166 Millionen Kronen (etwa sechs Millionen Euro) zur Verfügung. Das sollte reichen, um mindestens 1.140 alte Heizkessel durch neue zu ersetzen, die weniger Abgase produzieren. Einzelne Haushalte können mit bis zu 127.500 Kronen (4.700 Euro) rechnen. Landesweit sind laut Umwelt­minister Richard Brabec (ANO) bis zum Jahr 2020 etwa neun Milliarden Kronen aus EU-Töpfen eingeplant, um schrittweise bis zu 100.000 alte Heizkessel auszutauschen.