Schande für die Stadt

Schande für die Stadt

Kooperationsvertrag zwischen Prag und Peking stößt auf Kritik

3. 3. 2016 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Yiannis Theologos Michellis

Er nütze beiden Seiten – er sei ein Schandfleck. So unterschiedlich beurteilen Vertreter der Stadt den geplanten Kooperationsvertrag zwischen Prag und Peking. Am Donnerstag vergangener Woche hatte die Stadtverordnetenversammlung die Zusammenarbeit mit 35 von 65 Stimmen beschlossen. Demzufolge wollen beide Hauptstädte in den Bereichen Handel, Tourismus, Kultur, Bildung, Gesundheit, Verkehr und Bürgerservice kooperieren. Außerdem sollen sich chinesische und tschechische Repräsentanten regelmäßig treffen.

Oberbürgermeisterin Adriana Krnáčová (ANO) lobte den Vertrag, da beide Seiten zum gegenseitigen Nutzen kooperierten. Kritik hingegen kam von Vertretern der Dreierkoalition (Grüne, KDU-ČSL und STAN) sowie von den Bürger- und Sozialdemokraten. Der TOP-09-Vorsitzende Miroslav Kalousek bezeichnete das auf fünf Jahre ausgelegte Abkommen als eine „Schande für Prag“. „ Alle außenpolitischen Befugnisse obliegen der Regierung. Es gibt keinen einzigen Grund, warum eine solche Vereinbarung, die sich um internationale Spitzenpolitik dreht, zwischen einzelnen Kommunen verhandelt wird. Wenn es also keinen solchen Grund gibt, kommen mir nur Angst, Unterwürfigkeit und Kriecherei in den Sinn“, so Kalousek.

Stein des Anstoßes ist die Prämisse, die dem Vertrag zugrunde liegt: China will Taiwan nicht als souverän anerkennen und betrachtet sein eigenes Territorium als einheitlichen Großstaat. Der Vorsitzende der Grünen Matěj Stropnický forderte, die Prämisse aus dem Vertrag zu streichen. Ihm zufolge dürfe es nur um die Zusammenarbeit zweier Städte und nicht um politische Fragen gehen. „Die Partnerschaft, die hiermit begründet wurde, be­inhaltet einseitige Bedingungen, das ist keine Partnerschaft“, sagte Stropnický. Krnáčová erwiderte: „Prag erkennt die Ein-China-­Politik in Übereinstimmung mit der Regierung an, genauso wie wir Taiwan als integralen Bestandteil Chinas anerkennen.“

Auch das taiwanesische Außen­ministerium kritisiert die geplante Zusammenarbeit und forderte die tschechische Regierung zu einer Stellungnahme auf.