Mehr Platz für Menschen

Mehr Platz für Menschen

Das Festival „Zažít město jinak“ feiert Prager Viertel und ihre Nachbarschaft

17. 9. 2015 - Text: Katharina WiegmannText: Katharina Wiegmann; Foto: ZMJ/Jiří Pasz

 

Die Prager Organisation „Auto*Mat“ hat eine Vision: Weniger Autos in der Stadt, dafür mehr Raum für die Bewohner. Für Begegnungen unter Nachbarn, soziales Engagement, die Einzelhändler der Viertel und gemeinschaftliche Aktionen wie Straßenfeste. Das war die Grundidee hinter dem Festival „Zažít město jinak“ („Die Stadt anders erleben“), das am Wochenende (19. und 20. September) bereits zum zehnten Mal Straßen und Plätze bespielt – von der Prager Altstadt bis in die Plattenbausiedlungen von Háje und Černý Most.

Die Aktionen sind so vielfältig wie die Viertel selbst. In der Neustadt wird in der Opatovická-Straße getöpfert und unter Anleitung getanzt. Außerdem sorgt ein kubanisches Akustik-Quartett für musikalische Begleitung. Die Veranstalter wollen so einen zentralen Ort beleben, „den viele nur auf dem Weg von und zur Universität, zur Arbeit oder nach Hause“ passieren (Samstag, 10 bis 21 Uhr).

Im Stadtteil Dejvice wird in der Mařákova-Straße die erste tschechische Carsharing-Initiative „Autonapůl“ vorgestellt, ein Do-It-Yourself-Workshop leitet zum kreativen Basteln und Bauen an und Improvisationstheater, Stand-Up-Comedians sowie Tanzstudios zeigen ihr Repertoire (Samstag, ab 9 Uhr). Hinter „Boy Wonder & The Teen Sensations“ steckt der Punk-Sänger Kuba Kaifosz, der laut eigener Angabe Liebeslieder über Pizza, Horrorfilme und Zigaretten dichtet (Konzert ab 18.15 Uhr).

Den Ruf verteidigen
Erfahren im Ausrichten von Straßenfesten ist man in der Krymská-Straße in Vršovice. Die auf den ersten Blick unscheinbare Gasse mit den vielen neuen Geschäften, Bars, Galerien und Cafés wurde in diesem Jahr von der „New York Times“ zu einer der spannendsten und angesagtesten Straßen Europas erklärt. Um den guten Ruf zu verteidigen wird am Samstag einiges geboten: DJs legen ab zwölf Uhr Musik auf, eine mobile Servicestation wartet kostenlos Fahrräder und Essensstände versorgen hungrige Besucher mit tschechischen und internationalen Spezialitäten. Die Stadt anders erleben, das kann auch heißen, sie aus den Augen jener zu betrachten, die sich gerade in schwierigen Lebenssituationen befinden. In der Rybalkova-Straße öffnet ein Frauenhaus für einige Stunden seine Türen und in der Basement Bar (Francouzská 76) wird über Mythen und Fakten in der hiesigen Debatte um Flüchtlinge diskutiert (ab 16 Uhr).

Neben der Opatovická-Straße im Zentrum, Dejvice und der Krymská laden viele andere beliebte Ausgehviertel in Vino­hrady, Letná und Holešovice zum Kennenlernen und Neuentdecken ein. Das Festival bietet somit die Gelegenheit, Gegenden zu entdecken, denen Touristen – und selbst manch ein Einheimischer – sonst eher selten einen Besuch abstatten. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Tischtennis-Turnier oder einer Vorführung von Kurzfilmen in Nusle, Musik aus den dreißiger Jahren in Krč, oder einer Horoskop-Beratung in Strašnice? „Auto*Mat“ und „Zažít město jinak“ machen es möglich.

Zažít město jinak. 60 Veranstaltungsorte in Prag und zehn weiteren Städten, 19. und 20. September, mehr Informationen zum Programm unter www.zazitmestojinak.cz