Land unter

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Dauerregen führt zu starken Überschwemmungen – Regierung ruft Notstand aus

5. 6. 2013 - Text: Marcus HundtText: mh; Foto: čtk

Menschen in ganz Mitteleuropa ereilte in diesen Tagen das gleiche Schicksal: Sie wurden Opfer einer Flutkatastrophe. Ob in Ungarn, Österreich, Polen oder der Slowakei, ob in Deutschland oder Tschechien – überall treten Flüsse über das Ufer, werden Häuser evakuiert und Straßen gesperrt, überall bangen Menschen um ihr Hab und Gut.

Die Moldau führte in Prag bis zu 25 Mal mehr Wasser als im Durchschnitt. Trotz zahlreicher Evakuierungen, überschwemmter Verkehrswege und Sachschäden in Milliardenhöhe sind die Folgen längst nicht so verheerend wie nach dem Hochwasser von 2002 – auch weil die Stadt ihre Lehren gezogen hat aus der „Jahrhundertflut“ und auf den Ernstfall besser vorbereitet war. Doch was für Prag galt, ist andernorts nicht der Fall gewesen. Während sich die Situation in der Hauptstadt am Dienstag allmählich entspannte, bahnte sich die Moldau weiter ihren Weg – nach Kralupy und Mělník, wo sie mit der Elbe zusammenfließt, die weitere heftige Niederschläge aus Ostböhmen aufzunehmen hat. In Ústí nad Labem (Aussig) wird die Flutwelle daher ein ähnliches Ausmaß annehmen wie vor elf Jahren – der für Donnerstag erwartete Höchststand wird mit voraussichtlich 11,5 Metern nicht geringer ausfallen als damals. Mehr als 4.000 Menschen aus der Stadt an der Elbe mussten bereits ihre Häuser verlassen, nahezu sämtliche Verkehrsverbindungen sind gesperrt worden. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch überstieg das Hochwasser die am Flussufer aufgestellten Flutbarrieren. Vor allem in Sachsen verfolgt man die dortige Situation in sorgenvoller Erwartung.

Zusammenarbeit mit Sachsen und Bayern
In Tschechien hat das Hochwasser mindestens acht Todesopfer gefordert. In mehr als 50 Orten des Landes galt in den vergangenen Tagen die höchste Alarmstufe. Für sieben der neun böhmischen Kreise hatte die Regierung den Notstand ausgerufen und eine Soforthilfe von 300 Millionen Kronen (knapp 12 Millionen Euro) versprochen. „Wir lassen die betroffenen Menschen nicht im Stich“, erklärte Regierungschef Petr Nečas und kündigte am Dienstag an, trotz rigidem Sparkurs weitere 5,3 Milliarden Kronen (205 Millionen Euro) aus dem Staatshaushalt und dem Fonds für Infrastruktur bereitzustellen. Mit diesen soll zumindest ein Teil der Hochwasserschäden beseitigt werden. Hinzu kommen wahrscheinlich weitere Hilfsgelder aus dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union für die von den Überschwemmungen betroffenen Regionen. Tschechien werde dabei eng mit den Freistaaten Sachsen und Bayern zusammenarbeiten, um die zur Verfügung stehenden Mittel optimal abzurufen, erklärte Nečas nach einem Telefonat mit seinem sächsischen Amtskollegen Stanislaw Tillich (CDU). Beide unterhielten sich auch über gemeinsame Maßnahmen beim Hochwasserschutz an der Elbe.

Hilfe versprochen
Um sich einen Eindruck von den Überschwemmungen zu verschaffen, besuchte Nečas unter anderem das mittelböhmische Zálezlice. Die Gemeinde an der Moldau war im Sommer 2002 komplett überschwemmt worden. Und auch dieses Mal wird die Flut ein Bild der Verwüstung hinterlassen. Der im Bau befindliche Staudamm, der nach seiner Fertigstellung eine neuerliche Katastrophe hätte verhindern sollen, konnte den Wassermassen nicht standhalten.

Mit Gummistiefeln und Regenjacke bekleidet, versprach Nečas: „Diejenigen, die ihr Eigentum verloren haben, werden wir finanziell unterstützen. Diese Hilfe kann das 15-fache des Existenzminimums, also bis zu 51.000 Kronen, betragen.“ Ob der Regierungschef den Menschen vor Ort erklärte, dass die umgerechnet 2.000 Euro und mögliche Versicherungsleistungen tatsächlich ausreichen, um für die gesamten Schäden aufzukommen, blieb offen.