Keine Ruhe im Ruhestand

Keine Ruhe im Ruhestand

Im Alter arbeiten vor allem besser Gebildete. Experten warnen vor Armutsschere bei Rentnern

16. 10. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText: mn/čtk

In Tschechien gehen immer mehr Menschen im Ruhestand arbeiten. Obwohl sich das Renteneintrittsalter in den vergangenen zwei Jahren um etwa sechs Monate erhöht hat, ist die Zahl der erwerbstätigen Rentner deutlich gestiegen. Das geht aus einer Erhebung des Tschechischen Statistikamtes (ČSÚ) hervor (siehe Grafik). Während noch vor zwei Jahren 129.600 Ruheständler weiter in die Arbeit gingen, waren es im ersten Halbjahr 2013 bereits 145.100.

Diese Entwicklung entspricht dem allgemeinen Trend in Europa. Die Menschen wollen auch im Alter aktiv bleiben. Mit 11,5 Prozent ist der Anteil der erwerbstätigen Rentner in Tschechien jedoch weiterhin recht niedrig. In Ländern wie der Schweiz oder den Niederlanden arbeiten bis zu 80 Prozent der Menschen im Alter von bis zu 74 Jahren in Teilzeitjobs.

Laut Ondřej Nývlt, der beim ČSÚ Trends auf dem Arbeitsmarkt analysiert, liegt dies vor allem an der geringen Flexibilität der tschechischen Wirtschaft. Es gäbe – wie auch in anderen postsozialistischen Staaten – einen Mangel an Teilzeitjobs.

Dennoch: Der Trend zur Teilzeitbeschäftigung im Alter wird sich laut Nývlt fortsetzen. Die Erhebung des Statistikamts hat ergeben, dass mehr als zwei Fünftel der unter 50-Jährigen in der Rente gerne weiter arbeiten würden. „Die Generationen, die künftig in Altersrente gehen werden, wollen sich nicht mehr mit der gesellschaftlichen Situation abfinden, in der sich die heutigen Rentner befinden. Sie möchten weiter Geld verdienen, reisen, Sport treiben“, erklärt Nývlt.

Schere öffnet sich
Je höher der Bildungsgrad, desto größer ist laut den Statistikern der Wunsch, auch im Alter zu arbeiten. Die Tendenz, auch in der Rente weiter im Beruf zu bleiben, sei zudem eher in der Stadt als auf dem Land zu spüren. Hauptgrund seien die Finanzen: Die Durchschnittsrente in Tschechien beträgt knapp 11.000 Kronen (circa 430 Euro) im Monat. Das ist weniger als die Hälfte des tschechischen Durchschnittsgehaltes. Immer mehr Menschen wollen oder können sich damit nicht zufriedengeben.

In Zukunft droht sich die Schere zwischen armen und reichen Rentnern weiter zu öffnen. „Der Unterschied ist schon heute zu spüren und wird sicher größer werden“, sagt Statistiker Nývlt. Die Renten von Hochschulabsolventen sind allgemein höher als die von ehemaligen Arbeitern oder einfachen Angestellten. Zudem ist es für Leute mit niedrigerem Bildungsgrad schwieriger, auch im Alter eine Arbeitsstelle zu finden.

Der demografische Wandel in Tschechien entspricht in etwa dem im Rest Europas. Die Gesellschaft altert. Während vor zehn Jahren die über 65-Jährigen noch etwa 13 Prozent der Bevölkerung ausmachten, liegt der Wert heute bei ungefähr 17 Prozent.