Ins Klassenzimmer über die Grenze

Ins Klassenzimmer über die Grenze

Kinder aus Bayerisch Eisenstein könnten ab September in Železná Ruda unterrichtet werden

15. 3. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: APZ

Etwa 15 Kilometer sind es von Bayerisch Eisenstein bis Zwiesel. Ein weiter Weg für Sechs- bis Zehnjährige. Die Kinder in der deutsch-tschechischen Grenzgemeinde legen ihn zweimal täglich zurück. Früh fahren sie zum Unterricht, nachmittags wieder nach Hause. Denn die Grundschule in ihrem Ort musste vor ein paar Jahren schließen, weil es nicht genug Erstklässler gab.

Doch der weite Weg müsste nicht sein, meinen Eltern und Lokalpolitiker. Schließlich gibt es in Železná Ruda, keine vier Kilometer von Bayerisch Eisenstein entfernt, auch eine Grundschule. Nur die Staatsgrenze hindert die Kinder bisher daran, sich täglich mehr als 20 Kilometer Fahrt zu sparen.

Ginge es nach Michal Šnebergr, Bürgermeister der 1.800-Einwohner-Gemeinde Železná Ruda, könnte sich das bald ändern. Er lässt derzeit seine Grundschule renovieren, damit dort Gruppen des Kindergartens untergebracht werden können – und drei Grundschulklassen aus dem bayerischen Nachbarort. Bis das neue Schuljahr im September beginnt, sollen die Klassen­zimmer fertig sein, sagte er Anfang März. Die Wärmedämmung sei bereits abgeschlossen, nun werde die Gemeinde Fördergelder aus EU-Strukturfonds für die Renovierung der Innenräume beantragen. „Über die Zuschüsse sollte im Juni entschieden werden“, so der Bürgermeister.

Läuft alles nach Plan, könnten ab Herbst deutsche und tschechische Kinder in einem Gebäude, aber nach unterschiedlichen Lehrplänen in getrennten Klassen unterrichtet werden. „Alles ist vorbereitet, damit es im September losgehen kann“, sagt Šnebergr. Die Nachbarn müssen nur noch ihre Kinder und Lehrer schicken und für einen Teil der Betriebskosten aufkommen.

Doch auf die definitive Entscheidung der Niederbayern warten die Tschechen noch, obwohl die Nachbarn bereits seit einem Jahr bekräftigen, dass sie ihre Kinder nach Železná Ruda zum Unterricht schicken wollen. „Sie lavieren mit den Schülerzahlen“, so Šnebergr. Die letzte mögliche Variante sei eine Zusammenarbeit mit Zwiesel, aber das gefalle Bayerisch Eisenstein nicht.

Železná Ruda hat im vergangenen Jahr für 10,5 Millionen Kronen (390.000 Euro) die Fassade und die Fenster des Schulgebäudes renoviert. Nun zieht auch der Kindergarten mit in die Grundschule ein, weil die Gemeinde so Betriebskosten spart und weil es in beiden Einrichtungen immer weniger Neuanmeldungen gibt. Die Grundschule für 500 Jungen und Mädchen wurde im Jahr 2000 fertiggestellt. Derzeit werden dort etwa 170 Kinder unterrichtet. Von 18 Klassenzimmern wird nur die Hälfte genutzt. Im Kindergarten sind knapp 70 Plätze belegt. Die Stadt bezuschusst den Betrieb beider Einrichtungen mit drei Millionen Kronen (110.000 Euro) pro Jahr. Sie zu schließen ist für den Bürgermeister keine Option: „Wir sind so abgeschnitten vom Rest des Landes, dass wir auf die Schule hier nicht verzichten können.“