Gemeinsam am Steuer

Gemeinsam am Steuer

Diskussionen auf Nobelpreis-Niveau: Forum 2000 mit Suu Kyi und Dalai Lama

18. 9. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText und Foto: Martin Nejezchleba

Jahrelang blieb ihr Stuhl leer. Nach mehr als 15 Jahren Hausarrest und zwei Jahre nach dem Tod von Václav Havel konnte die burmesische Friedens­nobelpreisträgerin und Oppositionelle Aung San Suu Kyi der bereits vom Ex-Präsidenten ausgesprochenen Einladung zur Konferenz „Forum 2000“ endlich nachkommen. Suu Kyi lernte Havel nie persönlich kennen. Dennoch habe er in den schwierigsten Zeiten die Hoffnung des burmesischen Dissens aufrechterhalten. „Wir werden ihm das nie vergessen“, sagte Suu Kyi in einer bewegenden Eröffnungsrede am vergangenen Sonntag.

Die Konferenz, die von Havel mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, „intelligente Menschen” von verschiedenen Kontinenten, aus verschieden Kulturen und Religionen zu einer ruhigen Diskussion zusammenzubringen, fand in diesem Jahr zum 17. Mal statt. Das Thema: Gesellschaften im Wandel. Mehr als 100 religiöse Führer, Bürgerrechtler, Journalisten, Politiker und Dissidenten aus aller Welt folgten der Einladung an die Moldau.

Immer im Mittelpunkt: die zierliche Frau mit dem bescheiden Lächeln. Unter den pompösen Kronleuchtern und vergoldeten Fresken des Žofín-Palais schien Suu Kyi, mit Blüten im Haar, auf Kindergröße geschrumpft – bis sie das Wort ergriff. Ihre Definition von „guter Staatsführung“ eröffnete eine Diskussionsrunde, an der unter anderem der frühere tschechische Präsidentschaftskandidat Jan Švejnar teilnahm. Eine guter Regierender handele wie ein Steuermann, der mit der Bevölkerung in einem Boot sitzt. „Die Menschen müssen sich sicher fühlen und das Selbstbewusstsein haben, die Stimme gegen die Steuermänner zu erheben“, erklärte Suu Kyi. Was bei den meisten Politikern nach Phrasendrescherei klingen würde, löste in Prag, vorgetragen mit der entschiedenen Stimme der burmesischen Freiheitskämpferin, begeisterten Beifall aus.

Die Fotografen nahmen Suu Kyi auch am Dienstag immer wieder ins Visier. Dabei saß sie im Publikum vor nicht minder prominenten Rednern: Seine Heiligkeit der Dalai Lama, der einstige Präsident und Nobelpreisträger Fredik Willem de Klerk, die kubanische Dissidentin und Bloggerin Yoanie Sanchez und Karel Schwarzenberg diskutierten in einer illustren Abschlussrunde über „gemeinsame Werte“. Während der Ex-Außenminister mit dem Dalai Lama erörterte, ob ein funktionierender Rechtsstaat der entscheidende Faktor für den Übergang zur Demokratie sei, hob die Kubanerin Sanchez neue Informationsmedien als essenziellen Bestandteil des Wandels hervor. Für heutige Aktivisten böten soziale Medien einen Weg zur Freiheit. „Um mündige Bürger zu sein, müssen wir zu besser informierten Bürgern werden“, sagte die Bloggerin.