Gemeinnutzen statt Subventionen

Gemeinnutzen statt Subventionen

Die Prager Theaterszene wird umgestaltet – Experten kritisieren Kulturpolitik seit Jahren

29. 11. 2012 - Text: Martin NejezchlebaText: mn/čtk; Foto: APZ

Die sogenannte Transformation der Prager Theaterszene geht in die nächste Runde. Václav Novotný (TOP 09), Stadtrat für Kultur, gab vor kurzem bekannt, dass Anfang des nächsten Jahres die Intendanten der Theater „Na zábradlí“ und „Divadlo pod Palmovkou“ ausgetauscht würden. Weitere Theater sollen folgen. Es sei an der Zeit, so zitiert das Online-Magazin „Ceskapozice.cz“ Novotný, jüngeren Theatermachern eine Chance zu geben. Die Leitung bezuschusster Theaterhäuser solle sich alle fünf bis sechs Jahre ändern, meint Novotný und beruft sich dabei auf die Praxis im Nachbarland Deutschland. Die Intendanten beider Theater halten ihre Posten bereits seit knapp zwanzig Jahren besetzt.

Weitere Schritte sind bereits in Planung. So sollen mehrere Theater von den Finanzquellen der Stadt abgeschnitten und in gemeinnützige Organisationen umgewandelt werden. Als erste kommen das „Studio Ypsilon“ und die Heimbühne des Prager Marionetten-Duos „Spejbl und Hurvínek“, das „Divadlo S+H“, an die Reihe. Laut Novotný handle es sich bei den Änderungen um die ersten Schritte eines weitreichenden Prozesses, der bereits seit über zehn Jahren aufgeschoben wird. Die Theater würden so Unabhängigkeit von den Prager Politikern erlangen.

Vor allem bedeutet der Wandel beachtliche Einsparungen für die Haushaltskasse der Hauptstadt. Bereits Anfang des Jahres wurden massive Kürzungen in der Theaterszene vorgenommen. Zehn Prozent weniger als geplant schüttete die Stadt in diesem Jahr an Subventionen für kulturelle Einrichtungen aus. Ein herber Schlag für Bühnen, die ein innovatives Programm jenseits des Mainstreams bieten – bei denen wurde genauso gekürzt wie bei großen, profitorientierten Häusern.
Das Prager Kammertheater (Pražské komorní divadlo) des deutsch-tschechischen Intendanten David D. Pařízek, eines der wenigen international renommierten Ensembles an der Moldau, stellte aufgrund der fehlenden Weitsicht im Kulturreferat in der vergangenen Saison den Spielbetrieb ein. Die Gründe: keine Planungssicherheit, eine konzeptlose Kulturpolitik und eine untragbare Finanzlage. Das sind Probleme, die sich mit ausbleibenden Zuschüssen wohl nicht in Luft auflösen dürften. Novotný allerdings verspricht Besserung und will den weiteren Transformationsprozess mit unabhängigen Experten absprechen. Beim staatlich unterstützten Theater-Institut (Divadelní ústav) hat er deshalb eine Studie in Auftrag gegeben.