Folklore in der Großstadt

Folklore in der Großstadt

„Navalis-Fest“ erinnert an böhmischen Schutzheiligen – „Ritt der Könige“ findet erstmals außerhalb der Mährischen Slowakei statt

30. 4. 2015 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Lukáš Žentel/Czech Tourism

 

Noch im frühen 20. Jahrhundert war der „Ritt der Könige“ („Jízda králů“) am letzten Maiwochenende in vielen Orten Mährens zu sehen. Mittlerweile wird der Volksbrauch nur noch in den Dörfern Hluk, Kunovice, Skoronice und Vlčnov im Südosten des Landes begangen. In diesem Jahr ist der festliche Umzug erstmals auch in der Hauptstadt zu bestaunen: Am 15. Mai ziehen die geschmückten Pferde mit König und Gefolgschaft vom Marienplatz (Mariánské náměstí) hinauf zur Prager Burg.

Als Bestandteil des Johannisfestes „Navalis“, das alljährlich im Mai zu Ehren Johannes von Nepomuks begangen wird, wird auch Dominik Kardinal Duka anwesend sein, um die Pferde zu segnen. Zu den Festlichkeiten, mit denen des Märtyrers gedacht wird, zählen ferner eine Messe, ein Barockkonzert auf der Moldau sowie Gondelfahrten und eine Lichtshow. Zum „Ritt der Könige“ werden 20 Reiter erwartet und etwa 300 Teilnehmer aus Hluk, Kunovice und Skoronice. Zuschauer können ihnen am Samstag ab 11 Uhr durch die Altstadt folgen.

Der „Ritt der Könige“ ist im November 2011 auf die Unesco-Liste des immateriellen Weltkulturerbes aufgenommen worden. Im Mittelpunkt der Reiterprozession steht ein in Mädchentracht gekleideter Junge mit einer Rose im Mund, der den König darstellt. Ihm folgen junge Männer in bunten Trachten auf geschmückten Pferden.

Ethnologen zufolge geht der Brauch auf einen heidnischen Initiationsritus zurück. Der Überlieferung nach erinnert die Tradition an die Flucht des ungarischen Königs Matthias Corvinus, der nach seiner Niederlage gegen den böhmischen König Georg von Podiebrad über Mähren geflohen war. Um nicht erkannt zu werden, hüllte er sich in Frauengewänder. Im Mund trug er angeblich eine Rose, um seine Sprache und damit seine Herkunft zu verbergen.

Das „Navalis-Fest“ wird seit 1715 veranstaltet. Der Tradition gemäß beginnt es mit einer Zusammenkunft der Wallfahrer auf dem Kreuzherrenplatz (Křižovnické náměstí), um 18 Uhr folgt die feierliche Messe im Veitsdom, an die sich eine Prozession zur Karlsbrücke anschließt. Das Fest erinnert an den böhmischen Priester Johannes von Nepomuk, der 1393 in Prag den Märtyrer-Tod starb. Da er das Beichtgeheimnis der Königin wahren wollte, die von ihrem Gatten Wenzel IV. der Untreue beschuldigt wurde, ließ ihn der Herrscher von der Karlsbrücke werfen. Heute wird er als Brückenheiliger verehrt und gilt als Schutzpatron Böhmens.

Informationen unter www.navalis.cz