Familiäre Werte
Seit zehn Jahren gibt es in Tschechien die eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle
23. 3. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: Katharina Wiegmann; Foto: APZ
Jan Rous und Petr Laně waren am 15. März 2006 noch kein Paar. Trotzdem ist das Datum wichtig für ihre Beziehung. An diesem Tag stimmte das tschechische Abgeordnetenhaus mit knapper Mehrheit endgültig für die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare.
Rous und Laně erinnern sich an gemischte Gefühle im März vor zehn Jahren. Bei Laně hing das damit zusammen, dass er sein Coming-out noch nicht hinter sich hatte und sich von seinem damaligen Partner nicht unterstützt fühlte. Rous war zwar froh darüber, dass es endlich ein Gesetz gab, das homosexuelle Beziehungen anerkannte, aber er fand auch, dass es „nicht perfekt“ war.
Ganze vier Mal war das Gesetz über die Zivilehe für Homosexuelle gescheitert, bevor im März 2006 das Veto des damaligen Präsidenten Václav Klaus überstimmt wurde. Der kommentierte die Neuregelung mit harten Worten. Sie sei eine „Niederlage für alle, die an die Familie als einzigartige und konkurrenzlose Grundlage unserer Gesellschaft glauben“.
„Wir wollen dieselben Rechte“
Dabei glauben auch Rous und Laně an familiäre Werte. Gerne würden sie heiraten und Kinder großziehen. „Wir lieben uns, arbeiten in ordentlichen Berufen, zahlen Steuern, leben ein ganz normales Leben. Also wollen wir auch dieselben Rechte wie die Mehrheit.“ Warum das nicht gehen soll, verstehen sie nicht. Auch deshalb sind sie beide in der Organisation Proud aktiv, die sich für die Gleichstellung homosexueller Paare einsetzt. „Wir wollen nicht mehr, wir wollen genau dasselbe wie alle anderen.“
Dass sie mit der eingetragenen Partnerschaft auch offiziell Verantwortung für einander übernehmen können, bedeutet Rous und Laně viel. Vor sechs Jahren haben sie die Papiere unterzeichnet und mit Freunden und Verwandten in einem Restaurant bis in den Morgen gefeiert. „An unserem Jahrestag gehen wir immer dort essen“, erzählen die beiden 39-Jährigen. „Das Personal erinnert sich an uns und sagt uns jedes Mal, dass unsere Feier die bisher schönste war.“ Die Atmosphäre sei so gut gewesen. Es war die erste Hochzeit, die ein schwules Paar in dem Lokal feierte.
Petr Laně sagt, dass er viele gleichgeschlechtliche Paare kenne, die sich in den letzten zehn Jahren zu diesem Schritt entschlossen hätten. Die offizielle Zahl ist jedoch niedrig: Lediglich 2.174 Partnerschaften wurden bis Ende des vergangenen Jahres registriert. Und im Alltag fühlt sich das Vorstandsmitglied von Proud mit seinem Partner bisweilen noch als Exot: „Zwei verheiratete Männer, die zusammen leben und einkaufen gehen. Das finden manche verrückt. Als wir letztes Jahr unsere Wohnung renoviert haben, waren viele Handwerker ziemlich überrascht von unserer Beziehung.“
Ein erster Schritt
Das sei anstrengend gewesen, sagt Laně. Er sieht aber auch, dass die Gesellschaft sich öffnet und erwähnt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CVVM, der zufolge 60 Prozent der Bevölkerung es unterstützen, dass Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen die leiblichen Kinder ihres Partners adoptieren dürfen. Rund 44 Prozent sind dafür, dass Lesben und Schwule auch fremde Kinder adoptieren können.
Aus den Antworten von Laně und Rous geht deutlich hervor: Das vor zehn Jahren verabschiedete Gesetz sehen sie als ersten Schritt auf einem noch langen Weg zur vollen Akzeptanz homosexueller Partnerschaften in Tschechien. Mit Proud arbeiten sie gerade an einer Kampagne, die auf eine Änderung des Gesetzes zur eingetragenen Lebenspartnerschaft abzielt. Sie wollen das Recht auf Adoption. Einige prominente Politiker wie der für Menschenrechte zuständige Minister Jiří Dienstbier (ČSSD) und sein Kollege vom Justizressort Robert Pelikán (ANO) haben ihre Unterstützung zugesichert. „Gleichberechtigung tut niemandem weh. Aber wir brauchen sie, um ein erfülltes Leben zu führen“, sagt Laně. Und dazu gehören für ihn und seinen Partner auch Kinder.
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