Ein Nationalsymbol vor der Generalüberholung

Ein Nationalsymbol vor der Generalüberholung

Das historische Gebäude des Nationalmuseums ist seit eineinhalb Jahren geschlossen. Die Frage, wer die dringend notwendige Sanierung durchführt, bleibt bislang unbeantwortet

21. 3. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: Národní muzeum

Das imposante Gebäude am oberen Ende des Wenzelsplatzes hat schon vieles mitgemacht. Am Ende des Zweiten Weltkriegs ging eine Fliegerbombe auf das Nationalmuseum nieder, bei der Niederschlagung des Prager Frühlings im August 1968 bohrten sich Maschinengewehrkugeln in seine neoklassizistische Fassade. Im Januar darauf entzündete sich der Student Jan Palach unweit des Haupteingangs selbst – aus Protest gegen die sowjetische Besatzung.

Was im Hauptgebäude des tschechischen Nationalmuseums momentan abläuft, gab es jedoch noch nie. Das Gebäude ist seit Sommer 2011 für die Öffentlichkeit geschlossen, alle Sammlungen wurden entfernt. Der Prachtbau von 1891 wartet auf die erste Generalsanierung in seiner Geschichte. Erst Anfang 2017 soll der wohl bekannteste Museumsbau des Landes seine Tore wieder öffnen.

Obwohl kostbare Objekte wie das eines riesigen Walskeletts  bereits seit eineinhalb Jahren aus den Räumen des vor allem auf Naturkunde und Kulturgeschichte ausgerichteten Hauptgebäudes entfernt wurden und die Vorbereitungen für die Restaurierung laut Museumsdirektor Michal Lukeš abgeschlossen sind, ist auch im März 2013 nicht bekannt, wer die Bauarbeiten durchführen wird.

In der vergangenen Woche verhandelte die Regierung über die Ausschreibung des Großauftrags – ohne Ergebnis. Gegen den Vorschlag von Kulturministerin Alena Horáková (TOP 09), in einem sogenannten engeren Auswahlverfahren eine Baufirma zu bestimmen, stellte sich unter anderem Premier Petr Nečas (ODS). „Die meisten Regierungsmitglieder haben sich für ein offenes Auswahlverfahren entschieden“, so Nečas. Mehrere Firmen sollen die Möglichkeit erhalten, sich um den Auftrag zu bemühen. Laut dem Regierungschef sei man sich darüber im Klaren, dass die Zeit dränge, immerhin handle es sich um eine der wichtigsten Kulturinstitutionen im Lande. Mit 2,4 Milliarden Kronen (knapp 94 Millionen Euro) stelle die Sanierung eine gewaltige Investition dar, bei der man entsprechend wachsam sein müsse, so Nečas.

Rettung Arche Noah
Auf die Frage, warum man nicht schon früher mit der Auswahl einer Baufirma begonnen habe, dient die Pressesprecherin des Nationalmuseums Tereza Petáková mit einer bürokratischen Antwort: Die Bedingungen für die Ausschreibung könne man erst mit einer fertigen Baugenehmigung festlegen, der Prozess des Ausschreibungsverfahrens sei so schnell wie möglich eingeleitet worden, mit einer komplizierten und anstrengenden Prozedur habe man gerechnet. Obwohl das Kartellamt eine weitere Ausschreibung zur Restaurierung des Neuen Gebäudes – dem einstigen Sitz des Föderalparlaments der Tschechoslowakei – wegen Fehlern ausgesetzt hat, sei der Terminplan nicht in Gefahr. „Wir rechnen mit der Eröffnung im Jahr 2017, die Bauarbeiten werden 42 Monate dauern“, beteuert Petáková.

Danach soll das bröckelnde Museum in neuem Glanz erstrahlen. Die Ausstellungsfläche soll sich in etwa verdoppeln, die beiden Innenhöfe sollen überdacht und die vergoldete Kuppel einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Man möchte einen bislang unbekannten Blick auf die Hauptstadt eröffnen. Zudem soll ein Tunnel das historische Gebäude mit dem benachbarten Neuen Gebäude verbinden. 2009 war der massive Glas- und Stahlbau aus den siebziger Jahren dem Nationalmuseum zugefallen.

Die geschlossenen Tore und die Holzüberdachung vor dem Hauptportal, die Passanten vor herabstürzenden Fassaden-Teilen schützen soll, irritiert nicht nur Prag-Besucher. Seit der Räumung der Ausstellung musste man im Nationalmuseum, das sich allein in der Hauptstadt auf insgesamt elf Gebäude verteilt, einen Rückgang von 300.000 Besuchern feststellen. Teilweise möchte man diesen Verlust mit einer Ausstellung im Neuen Gebäude kompensieren. Ende des Jahres soll laut den Worten von Direktor Lukeš eine zoologisch-paläontologische Ausstellung mit dem Titel „Arche Noah“ die Zuschauer in das dritte Stockwerk des früheren Parlamentsgebäudes locken.