„Ein lächerlicher Betrag“
Tschechische Roma sollen Entschädigung für ihr Leid unter den Nationalsozialisten erhalten
11. 8. 2016 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Michal Ritter/CC BY-SA 3.0
Nach über 70 Jahren sollen tschechische Roma, die den Holocaust überlebt haben, eine Entschädigung von der Bundesrepublik erhalten. Wie die Sprecherin des tschechischen Außenministeriums Michaela Lagronová am vergangenen Donnerstag bekanntgab, würde ihnen ein einmaliger Betrag in Höhe von 2.500 Euro gezahlt. Darauf habe man sich nach monatelangen Verhandlungen mit dem deutschen Finanzministerium geeinigt. Bis zu 15 Überlebende könnten die Entschädigung laut Lagronová noch in Anspruch nehmen. Wann sie die Auszahlung erhalten, steht noch nicht fest.
Čeněk Růžička begrüßte die Entscheidung. Der Vorsitzende des Ausschusses für die Entschädigung der Opfer des Roma-Holocaust (VPORH) verwies jedoch zugleich auf das hohe Alter der Betroffenen. „Einige von ihnen sind bereits bettlägerig. Im Hinblick auf ihr Alter haben wir einem Betrag zugestimmt, der eigentlich lächerlich ist“. Zudem kritisierte Růžička, dass über die einzelnen Anträge der Überlebenden erst noch entschieden werden müsse.
Zehn Gesuche seien bereits eingereicht worden, über eine Frist gaben die deutschen Behörden jedoch keine Auskunft, so Růžička. „Es ist noch nicht sicher, ob es nur ein Versprechen war. Wir müssen hoffen.“
Růžička zufolge habe die Initiative ursprünglich eine gleiche Entschädigung bewirken wollen, die Deutschland den jüdischen Opfern der ehemaligen Ostblock-Staaten gewährt. „Sie erhalten monatlich 300 Euro. Das ist natürlich in Ordnung und berechtigt“, meint Růžička. Gegenüber den Roma sei dieser Betrag dagegen ungerecht. Etwa 6.500 tschechische Roma wurden Opfer des Porajmos, des Völkermords an den europäischen Sinti und Roma zur Zeit des Nationalsozialismus. Sie wurden vor allem in das südböhmische Lety und in das Konzentrationslager Hodonín bei Kunštát nördlich von Brünn deportiert, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit verrichten mussten. In den Jahren 1942 bis 1944 wurden fast 5.000 tschechische Roma nach Auschwitz verschleppt. Den Krieg überlebten offiziellen Angaben zufolge nur 583 von ihnen.
Dass man sich hierzulande schwertut, dem Völkermord an der Minderheit angemessen zu gedenken, zeigt das Beispiel Lety. Noch heute wird auf dem Gelände des ehemaligen „Zigeunerlagers“ eine Schweinemastanlage betrieben. Hoffnung gab Kulturminister Daniel Herman (KDU-ČSL). Am 2. August, an dem weltweit an die Ermordung der 500.000 Roma während des Zweiten Weltkriegs erinnert wird, sprach er von Fortschritten bei den Verhandlungen mit dem Betrieb. Bis Ende der jetzigen Legislaturperiode wolle die Regierung das Problem lösen.
„Online-Medien sind Pioniere“
Kinderwunsch nicht nur zu Weihnachten