Die sympathischste Schwester ist ein Bruder

Die sympathischste Schwester ist ein Bruder

Ein Wettbewerb soll Pflegekräfte würdigen – mit zweifelhaften Disziplinen

20. 10. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: NEJ sestrička

Männer wie Jakub Šesták sind selten. Deshalb sind sie beim Wettbewerb auch gar nicht vorgesehen, wenn in Tschechien die „beste Krankenschwester des Jahres“ ausgezeichnet wird. Zumindest ist dabei meist keine Rede von (männlichen) Pflegern. Šesták ist eine Ausnahme. Er arbeitet in der Brünner Klinik für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin – und darf sich seit Anfang Oktober als „sympathischste Krankenschwester des Jahres“ bezeichnen.

Als Kind wollte er Pyrotechniker werden, verriet Šesták. Doch dann erkrankte sein Großvater – und für den Enkel war die Berufswahl plötzlich einfach. Er wollte Menschen helfen, und das nicht nur in der Familie, deshalb wurde er Krankenpfleger. Mit Vorurteilen habe er nicht zu kämpfen, sagte er, obwohl in der Branche überwiegend Frauen arbeiten. „Männer haben es im Gesundheitswesen nicht einfacher. Wir übernehmen eher technische und körperlich anstrengendere Aufgaben, zum Beispiel den Transport von Patienten.“

Zum Wettbewerb hat ihn die stellvertretende Leiterin des Krankenhauses angemeldet. „Von selbst hätte ich nicht daran teilgenommen. Aber ich bin froh, dass ich dabei war. Ich habe super Mädels kennengelernt und wir sind ein gutes Team geworden.“

Šesták hofft, dass seine Teilnahme am Wettbewerb auch andere Männer für den Beruf motiviert. Ein ähnliches Ziel verfolgen auch die Veranstalter. Die Aktion soll auf die Arbeit der Pflege­kräfte aufmerksam machen und ein Dankeschön an sie sein. Teil­genommen haben in diesem Jahr mehrere hundert Kandidaten aus Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im ganzen Land. Šesták erhielt die meisten Publikumsstimmen, was ihm die Auszeichnung als sympathischster Bewerber einbrachte. Die Endrunden wurden jedoch in mehreren Disziplinen ausgetragen.

Die Finalisten mussten sich zunächst vorstellen und Fragen der Jury beantworten. Außerdem bewältigten sie medizinische Aufgaben aus ihrem Alltag und absolvierten eine Modenschau – sowohl in Dienstkleidung als auch in Abendkleidung. Ob letzteres etwas über die Qualität ihrer Arbeit aussagt, muss freilich bezweifelt werden. Schadet es dem Ruf der Krankenschwestern und Pfleger nicht eher, wenn selbst bei einer solchen Veranstaltung besonderer Wert auf ihr Aussehen gelegt wird?

Šesták jedenfalls sagt: „Ich war froh, als es vorbei war. Ich habe mich für meine Frau und meine Familie gefreut.“ Dass er in einer Kategorie gewonnen habe, sei zwar schön. „Aber ich bin froh, dass den Gesamtsieg die Mädels davongetragen haben. Ich habe es ihnen gewünscht und glaube, sie haben es verdient.“ Den ersten Preis holte sich die 40-Jährige Marcela Murasová, Oberschwester im Stadtkrankenhaus Ostrava. Sie erhielt unter anderem Gutscheine für eine Reise, Schmuck, eine Besichtigung einer Klinik für plastische Chi­rurgie und eine Behandlung in einem Schönheitssalon – offenbar ist den Veranstaltern des Wett­bewerbs selbst die Superschwester noch nicht hübsch genug.