Babiš macht den Berlusconi

Babiš macht den Berlusconi

Milliardär, Lebensmittelmagnat, angehender Politiker: Nun hat Babiš auch ein eigenes Medienhaus – und zeigt, was er unter Zurückhaltung versteht

3. 7. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: MAFRA-Zentrale in Prag/Šjů

 

Medien haben Macht. Das weiß auch Andrej Babiš. „Journalisten haben große Macht, fast so viel wie Twitter“, schrieb der Milliardär über den Online-Kurznachrichtendienst am Mittwoch vergangener Woche. Wer Medien und Journalisten für seine Zwecke zu manipulieren vermag, der hat folglich die Macht auf seiner Seite. Babiš hat das in der vorigen Woche eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Seit Monaten wurde gemunkelt, der Lebensmittelmagnat und Polit-Neuling Babiš wolle ins Mediengeschäft einsteigen. Im Gespräch waren TV-Sender, Online-Portale und Zeitungen. Nachdem der Kauf der Lokalzeitungen von „Deník“ geplatzt war, stellte Babiš kurzerhand mit „5plus2“ ein eigenes Netzwerk regionaler Zeitungen auf die Beine. Und dann hieß es, der gebürtige Slowake wolle die auflagenstärkste Tageszeitung „Blesk“ kaufen, samt dem gesamten Tschechien-Business der Ringier Axel Springer Medien AG. Babiš befeuerte die Spekulationen mit nebulösen Twitter-Meldungen. Als er am vergangenen Montag zwitscherte „Morgen werde ich wohl etwas kaufen“, war für die Journalisten von „E15“ alles klar. „Babiš kauft Ringier” schrieb das Wirtschaftsmagazin. Die Nachricht schaffte es am Dienstag in alle Medien des Landes (einschließlich der „Prager Zeitung“). Einen schadenfreudigen Kommentar ließ sich Babiš nicht nehmen: „Eine Ente wollte ich nicht kaufen. Es hätte gereicht, wenn mich der Journalist von ,E15’ gefragt hätte und wenn die anderen nicht abschreiben würden.“

Babiš am Apparat
Einen Tag später war dann klar: Andrej Babiš hat die Verlagsgruppe MAFRA erworben. Die gehörte bislang zur „Rhei-nische Post Mediengruppe“ und gibt neben den renommierten Tageszeitungen „Mladá fronta Dnes“ und „Lidové noviny“ mehrere Online-Magazine und die Gratiszeitung „Metro“ heraus. Der Geschäftsführer des in Düsseldorf ansässigen Verlags Karl Hans Arnold sowie Babiš bestätigten am Mittwoch das Geschäft. Nun muss noch das Amt für Wettbewerbsschutz dem Kauf zustimmen.

Seither heiß diskutiert: Wird es Babiš beim Lausbubenstreich über Twitter belassen? Oder möchte er MAFRA für seine politischen und geschäftlichen Zwecke nutzen? Ein Blick in seine Lokalzeitungen „5plus2“ nährt die Befürchtungen, Babiš bastle in bester Berlusconi-Manier an einem Imperium, das klaren Zwecken dient: Mehr Macht, mehr Geld. Auf den Seiten der Zeitung, die in 71 regionalen Versionen erscheint und eigenen Angaben zufolge in den Briefkästen von einer Million tschechischer Haushalte landet, wird Babišs Lebensmittelkonzern Agrofert oft erwähnt. Gerne etwa als positive Alternative zu skandalumwitterten polnischen Lebensmitteln: Ein Hinweis darauf, dass Agrofert nicht nur Brote backt, sondern auch die Journalisten bezahlt, die den Beitrag geschrieben haben, findet sich im betreffenden Artikel nicht.

„Ich werde nie irgendeinen Journalisten beeinflussen“, beteuerte Babiš vergangene Woche gegenüber dem Tschechischen Rundfunk. „Sollen sie schreiben, was sie wollen“, so der Unternehmer weiter. Er wolle die journalistische Expertise seiner neuen Angestellten auch dazu nutzen, in „5plus2“ klare Spielregeln zu etablieren.

Der Kauf des finanziell angeschlagenen MAFRA-Verlags sei ein rein ökonomisches Projekt. Wenige Stunden später dann ein Telefonat in die Redaktion von „Lidové noviny“: Babiš erkundigt sich bei einem Journalisten, warum der nichts über die Pressekonferenz von Babišs politischem Projekt ANO 2011 berichtet hat. Die Zeitung machte das Telefonat öffentlich. Nachdem der Redakteur darin auf die Entscheidung seiner Vorgesetzten verweist, beendet Babiš das Gespräch mit den Worten: „Ich hoffe die Jungs wissen, was sie da tun. Die wissen noch nicht, mit wem sie die Ehre haben, aber das ist egal.“ Später versprach Babiš Besserung.

Unzufrieden ins Parlament
Dass Babiš die MAFRA-Journalisten beeinflussen könnte, hatte Medien-Experte Miloš Čermák bereits geahnt: „In einem Zeitraum zwischen zwei und zwölf Monaten werden wir hier höchstwahrscheinlich Wahlen erleben“, kommentierte Čermák das Geschehen gegenüber dem Tschechischen Fernsehen, die Übernahme werde sicher „ungeheuren Einfluss auf das politische und mediale Umfeld“ haben.

Vor knapp zwei Jahren hat Babiš ANO 2011 ins Leben gerufen. Die Abkürzung steht im Tschechischen für „Aktion unzufriedener Bürger“. Bis zu den kommenden Parlamentswahlen soll aus der politischen Bewegung eine Partei werden und aus Babiš zumindest ein Abgeordneter. Viel mehr als Unzufriedenheit bietet das Programm von ANO 2011 bis heute jedoch nicht. Man will sich weder links noch rechts im politischen Spektrum positionieren, man will die Korruption stoppen und Leute ans Ruder setzen, die es im Leben zu etwas gebracht haben. Leute wie Babiš eben.