Ausgang offen

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Magistrat beantragt Aussetzung der polizeilichen Ermittlungen im Fall Opencard

11. 9. 2013 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Foto: APZ

Viel Lärm wurde schon um das kleine rote Kärtchen gemacht – und ein Ende ist nicht in Sicht. Seit ihrer Einführung vor fünf Jahren stößt die sogenannte Opencard auf heftige Kritik. Als Kombination aus Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr, Büchereiausweis, Parkticket und Rabattcoupon für diverse Einrichtungen sollte die elektronische Karte eigentlich den städtischen Haushalt entlasten. Stattdessen entwickelte sich die „Causa Opencard“ zu einem der größten Korruptionsfälle der Stadt und zu einem Verlustgeschäft.

Bereits Anfang des Jahres 2009, als sich die Karte gerade ein Jahr in Umlauf befand, wurde von den Medien die Vermutung genährt, dass sich das millionenschwere Projekt nicht rechnen würde. Der Stadtregierung unter Oberbürgermeister Pavel Bém (ODS) warf man vor, durch Vetternwirtschaft mehrere Millionen Kronen veruntreut zu haben. Darüber hinaus stand das Kartensystem in der Kritik, das Datenschutzgesetz zu verletzen.

Ende 2009 bestätigte sich, dass die geplanten Kosten bei Weitem überstiegen werden. Mit der Umsetzung des Systems wurde das Unternehmen Haguess betraut, das für jede ausgegebene Opencard zugleich Lizenzgebühren von der Stadt erhält – die sich zu Unsummen anhäuften, je mehr Karten ausgehändigt wurden. Als dann vor etwa einem Jahr bekannt wurde, dass die Vergabe des Auftrags an Haguess ohne öffentliche Ausschreibung stattfand, forderte die Antikorruptionspolizei rechtliches Vorgehen gegen die verantwortlichen Beamten.

Milliardenschwere Karte
Im März dieses Jahres erhob die Polizei Klage gegen den Prager Stadtrat. Sie wirft insgesamt zehn amtierenden und ehemaligen Ratsmitgliedern aus ODS und TOP 09 – darunter auch Ex-Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda (ODS) sowie sein Nachfolger Tomáš Hudeček (TOP 09) – vor, gegen verbindliche Wettbewerbsregeln sowie ihre amtliche Vertrauenspflicht bei der Verwaltung fremden Eigentums verstoßen zu haben. Die Angeklagten allerdings berufen sich auf die von ihren Vorgängern ausgehandelten Vertragsbedingungen. Man habe die Verträge mit der Firma Haguess entweder verlängern oder das Projekt Opencard samt investierter Milliarden in den Müll schmeißen können.

Nachdem die beschuldigten Ratsherren im Juli Verfassungsbeschwerde gegen das Verfahren eingereicht hatten, forderte der Magistrat am vergangenen Freitag eine Aussetzung des Strafverfahrens; die Polizei würde nicht im Einklang mit dem Gesetz handeln. Nach Auffassung der Anwältin Klára Samková, die die Stadt vor Gericht vertritt, handelt es sich offensichtlich um einen politischen Prozess. „Da die Behörden im Moment noch das Verfahren prüfen, bitten wir die Polizei, ihre Ermittlungen zu unterbrechen, bis eine rechtskräftige Entscheidung seitens der Verwaltungsorgane gefallen ist“, so Samková.

Das Verfahren sei fälschlicherweise eingeleitet worden, noch bevor das Kartellamt seine Untersuchungen abgeschlossen hatte. Sollte das Organ bestätigen, dass die Stadtregierung gesetzmäßig gehandelt hat, dann sei ein Verfahren keine Option, so die Anwältin. Ihr stellt sich vielmehr die Frage, „ob die mit dem Strafverfahren befassten Organe nicht dumm sind oder aber unterbezahlt.“
Die Stadtregierung streitet jedweden Fehler oder unlauteres Handeln ab. Angeblich blieb ihr nichts anderes übrig, als die unter Bém ausgehandelten Verträge zu verlängern, da Haguess die Urheberrechte für das Kartensystem innehat.

Insgesamt 1,25 Milliarden Kronen (etwa 50 Millionen Euro) hat die Stadt in den Jahren zwischen 2006 und 2012 in die Umsetzung der Opencard investiert. Das rote Kärtchen brachte ihr hingegen lediglich 38 Millionen Kronen (rund 1,47 Millionen Kronen) an Einnahmen.