Ab in die Tonne

Ab in die Tonne

Seit diesem Jahr müssen in Tschechien auch Biomüll und Metall getrennt gesammelt werden. Städte und Gemeinden investieren in neue Anlagen

30. 1. 2015 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Desmond Talkington

Wer in Deutschland zu gewissenhafter Mülltrennung erzogen wurde, kennt das Problem bei einem Aufenthalt in Tschechien: Wohin mit all den Bioabfällen, die doch gut kompostiert werden könnten? Ebenso wie leere Konservendosen wirft man sie nur ungern in den Restmüll. Doch bisher gab es kaum eine Alternative – wurde doch meist nur Plastik, manchmal auch Papier in eigenen Tonnen gesammelt. Das soll sich jetzt ändern.

Im Herbst vergangenen Jahres wurde in das Abfallgesetz eine Änderung aufgenommen, die den Kommunen die Pflicht auferlegt, Sammelstellen zu schaffen, an denen die Bürger ihren Biomüll sowie Metallabfälle abgeben können. Für Metall gilt die Neuerung bereits seit Januar, für Bioabfälle greift die Regelung von Anfang April bis Ende Oktober. Mit der Umsetzung haben manche Städte und Gemeinden derzeit noch zu kämpfen.

Vor Problemen stehen vor allem kleinere Gemeinden: Das neue Gesetz bringt ihnen zusätzliche Kosten. Außerdem nutzen die Bürger auf dem Land häufig ihren eigenen Kompost im Garten für Bioabfälle. In Lužany im Kreis Jičín zum Beispiel gibt es weder eine Sammelstelle noch eine Kompostieranlage für die Abfälle der etwa 600 Einwohner. Die Gemeinde hat sich deshalb erst einmal mit den Nachbarn geeinigt. Die Bürger von Lužany dürfen vorübergehend ihre Bioabfälle pflanzlichen Ursprungs ins knapp zehn Kilometer entfernte Mlázovice bringen. Ganz in der Nähe liegt auch der Ort Holovousy, der etwa 500 Einwohner zählt. Dort haben die Verantwortlichen bisher noch nicht entschieden, wie sie mit den neuen Vorschriften zur Mülltrennung umgehen. „Die Menschen im Dorf bringen ihre Bioabfälle in der Regel raus in den Garten, auf den eigenen Kompost“, sagt Zlatuše Brádlová, Bürgermeisterin von Holovousy. „Es wird schwierig werden, ihnen beizubringen, dass das nun anders sein soll.“

Die Rathäuser größerer Gemeinden haben das Problem mittlerweile weitgehend gelöst. Die Bürger können Biomüll und Metall dort zum Beispiel bei den bestehenden Sammelstellen für Papier abgeben, in manchen Städten finden sich in den Straßen nun auch braune Container für den Biomüll, es werden neue Kompostanlagen eingerichtet oder aber die Städte stellen ihren Einwohnern kostenlose Biotonnen zur Verfügung. Einige Millionen Kronen müssen sie dafür – je nach Größe – einplanen.

Aber selbst, wo es schon ein System gibt: Die Menge der getrennt gesammelten Bioabfälle in Tschechien wächst jährlich, bestehende Angebote müssen daher häufig erweitert werden. In Turnov im Kreis Liberec zum Beispiel baut die Kommune in diesem Jahr eine Kompostanlage. Etwa 13,4 Millionen Kronen (knapp 500.000 Euro) muss sie dafür aufbringen. Profitieren sollen davon nicht nur die 14.000 Einwohner von Turnov, sondern auch die der Nachbarorte. Auch in Domažlice, das rund 11.000 Einwohner zählt und nur wenige Kilometer von der bayerisch-böhmischen Grenze entfernt liegt, soll eine gemeindeeigene Kompostieranlage entstehen. Etwa 30 Kilometer weiter östlich plant Klatovy eine Einrichtung für etwa zehn Millionen Kronen. Investitionspläne hat auch die nordböhmische Stadt Liberec. Dort sollen die 90 bestehenden Bio-Container in diesem Jahr um 500 weitere ergänzt werden.

Das Geld für all die neuen Tonnen und Einrichtungen müssen die Kommunen nicht ganz aus eigener Tasche aufbringen. Tschechische Städte und Gemeinden haben in den vergangenen sieben Jahren etwa 14 Milliarden Kronen (gut 500 Millionen Euro) aus europäischen Fonds erhalten, um ihre Sammel- und Trennungssysteme für Abfälle zu verbessern. Im neuen „operativen Programm“, das die Verteilung von EU-Geldern regelt, sind weitere sechs Milliarden Kronen vorgesehen.

Nur: Geld allein bringt den Bioabfall noch nicht in die Kompostieranlagen. Entscheidend sei, die Bürger vom richtigen Trennen zu überzeugen, meint Petra Roubíčková, Sprecherin des Umweltministeriums. Sie sieht selbst bei großen Plattenbausiedlungen keinen Grund, weshalb es nicht gelingen sollte, Biomüll getrennt zu sammeln. Die Menschen zu motivieren, sei Aufgabe der örtlichen Bürgermeister. „Es geht schließlich um einen Rohstoff, mit dem sie dann wirtschaftlich weiter verfahren können.“