Harmonisch erfolgreich

Harmonisch erfolgreich

Helena Kohoutová kürt seit 2008 Tschechiens Unternehmerin des Jahres. Sie glaubt an die Chancengleichheit und befürwortet eine Frauenquote

15. 3. 2016 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: privat

Frauen sind unglaubliche Wesen, findet Helena Kohoutová. Und sie sieht keinen Grund, weshalb sie in der Wirtschaft nicht genauso erfolgreich sein sollten wie Männer. „Ich habe nie die Erfahrung gemacht, dass ich nicht respektiert werde. Mir waren niemals Türen verschlossen oder offen, nur weil ich eine Frau bin“, sagt die Unternehmerin – eine der bekanntesten und wohl auch erfolgreichsten des Landes. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Laut dem Gender-Gap-Report, den das Weltwirtschaftsforum jährlich veröffentlicht, liegt Tschechien auf dem 94. Platz, wenn es um Chancen und Beteiligung von Frauen in der Wirtschaft geht.

Kohoutová ist das lebende Gegenbeispiel. Zeit, um auf die Fragen zu antworten, nimmt sie sich zwischen einem verspäteten Rückflug aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Konferenz am nächsten Morgen, obwohl sie sich im Flugzeug erkältet hat. Sie ist seit 19 Jahren Unternehmerin. „Ich habe damit angefangen, weil ich es wollte“, erzählt sie. „Ich hatte das Bedürfnis, mir selbst Sachen auszudenken und sie anderen Menschen anzubieten.“ Was sie sich alles ausgedacht hat, lässt sich längst nicht mehr an einer Hand abzählen. Am besten kann man sie wohl als Eventmanagerin bezeichnen. Sie ist Geschäftsführerin der Firma Agentura Helas und Gründerin verschiedener Clubs und Initiativen. Unter anderem hat sie den Wettbewerb „Tschechische Unternehmerin des Jahres“ eingeführt, der seit 2008 weibliche Führungskräfte hierzulande fördert und ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückt. Sie wolle zeigen, dass Frauen in allen Bereichen erfolgreich sein können, sagt sie – egal ob Maschinenbau oder chemische Industrie, Baubranche oder soziale Berufe.

Zwar ist Kohoutová überzeugt, „dass die Grundlage für jede Tätigkeit die fachliche Qualifikation ist, dann ist es egal, ob die Arbeit von einem Mann oder von einer Frau gemacht wird“. Zugleich glaubt sie aber, dass die Rahmenbedingungen für tschechische Unternehmerinnen besser sein könnten: „Die Maßnahmen der Regierung reichen nicht aus und sind widersprüchlich.“ Es gebe viele Bereiche, in die sich Frauen nicht wagten, weil sie das Gefühl hätten, sowieso keine Chance zu bekommen“, meint Kohoutová. Zudem müssten die Bedingungen für berufstätige Mütter verbessert werden.

Stolz entwickeln
Kohoutová hat sich von Ängsten und Vorurteilen nicht abschrecken lassen. Ihre Karriere als Sängerin beendete sie, um Unternehmerin zu werden. „Vor 20 Jahren habe ich mich intuitiv entschieden“, sagt sie heute. „Singen ist eine wunderbare Sache und ich hatte viele Möglichkeiten, aber ich wusste auch, dass das kein Bereich ist, in dem ich hervorragen kann.“ Ihr Talent sei es, zu kommunizieren, Menschen zu verbinden, zu motivieren und zu inspirieren, meint die Unternehmerin, für die nach eigenen Aussagen Gesundheit, Harmonie und gute zwischenmenschliche Beziehungen das Wichtigste im Leben sind.

Sie glaubt zwar, dass alle die gleichen Chancen haben, leugnet aber nicht, dass Männer und Frauen in der Wirtschaft unterschiedliche Prioritäten setzen. „Während Frauen Wert auf die Zufriedenheit der Angestellten und auf eine Balance zwischen Arbeit und Familie legen, werden Männer vor allem vom Gewinn und dem Streben, etwas aufzubauen angetrieben.“
Etwas aufbauen will aber auch Kohoutová, nämlich ein „stolzes Tschechien“, wie sie sagt. Das sei seit zwei Jahren ihr persönliches Motto. „Wir wollen andere motivieren, dass sie stolz darauf sind, was für geschickte Leute wir hier haben und was wir alles erreichen können, nicht nur in Tschechien, sondern in der ganzen Welt.“ Es klingt, als wolle sie nicht nur den Frauen hierzulande den Minderwertigkeitskomplex austreiben, der ihnen oft nachgesagt wird. „Wir wollen, dass sie sich bewusst werden, wie gut sie sind und dass es nicht darum geht, wie oft sie in irgendeinem Projekt gewinnen und wie viele Medaillen sie haben, sondern darum, was sie alles im Leben schaffen und wie viele Menschen sie damit beeinflussen.“

Kohoutová weiß, was sie will – das heißt aber nicht, dass sie nicht auch mal ihre Meinung ändert. Vor einiger Zeit war sie gegen Frauenquoten in der Wirtschaft. Heute ist sie dafür. „Aber nicht, um mit Gewalt durchzusetzen, dass eine bestimmte Zahl von Frauen irgendwo vertreten sein muss, und auch nicht, damit Frauen bevorzugt werden.“ Der Sinn einer Quote sollte stattdessen sein, den Frauen zu zeigen, dass sie eine Chance auf Erfolg in Führungspositionen haben. Zudem würden auch die Firmen profitieren: „Es gibt Statistiken, die belegen, dass ein Team, das zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen besteht, bessere Ergebnisse erzielt.“

Und ihr privates Erfolgsgeheimnis? „Fleiß, Demut, die Fähigkeit, Neues zu lernen, Elan zu haben und an eine Sache zu glauben“, zählt sie auf. „Strebsam sein, das ist der Schlüssel.“