Gegen den Schwindel

Gegen den Schwindel

Minister will Tacho-Betrüger bestrafen. Käufer wurden im vergangenen Jahr um 4,4 Milliarden Kronen betrogen

29. 4. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: APZ

Etwa 570.000 Gebrauchtwagen wechselten in Tschechien im vergangenen Jahr den Besitzer. Im Durchschnitt hatten die Autos vor dem Verkauf etwa 120.000 Kilometer zurückgelegt – laut Tacho-Anzeige. Tatsächlich stimmte diese Zahl aber nur bei gut 60 Prozent der Fahrzeuge. Bei rund 220.000 Autos dagegen wurde der Tacho manipuliert, so eine Erhebung der Gesellschaft Cebia, die sich auf die Überprüfung der Herkunft und des Zustands von Fahrzeugen spezialisiert hat.

Die Experten von Cebia schätzen, dass die Verkäufer ihre Preise aufgrund der niedrigeren Tacho-Stände insgesamt um etwa 4,4 Milliarden Kronen (160 Millionen Euro) erhöhen konnten. Diese Summe, um die gutgläubige Autokäufer betrogen wurden, ist etwa dreimal so hoch wie der Wert der Fahrzeuge, die im vergangenen Jahr gestohlen wurden. Die Zähler waren meist um 100.000 Kilometer zurückgedreht. Vlastimil Frič von Cebia zufolge waren aber auch importierte Autos, deren Zähler um 300.000 und mehr Kilometer „frisiert“ wurden, keine Ausnahme. Den Rekord hält ein Škoda Superb aus den Niederlanden, dessen Kilometerzähler vor dem Verkauf von 750.000 auf 250.000 heruntergeschraubt worden war.

Den Verantwortlichen für den Tacho-Schwindel droht in Tschechien nichts. Denn am Tacho beziehungsweise am Kilometerzähler herumzuschrauben ist hierzulande – anders als zum Beispiel in Deutschland, Belgien oder den USA – derzeit nicht strafbar. Im Internet bieten Dutzende Firmen solche Dienste für etwa 500 Kronen (rund 18 Euro) an.
Der Minister für Industrie und Handel Jan Mládek will nun dagegen vorgehen. Er bereite eine Gesetzesinitiative vor, derzufolge es als Vergehen oder Straftat geahndet werden soll, wenn jemand einen Tacho manipuliert oder anderen diesen Dienst anbietet, kündigte der Minister in der vergangenen Woche bei einer Pressekonferenz an.

Die gesetzlichen Maßnahmen, die er gemeinsam mit den Ministern für Justiz und Verkehr vorlegen will, sollten die Verbraucher schon von Anfang kommenden Jahres an vor Tacho-Betrügern schützen, wenn es nach Mládek geht. Täuschungen mit frisierten Tachos beim Verkauf von Gebrauchtwagen soll dem Minister zufolge die Tschechische Handelsinspektion (ČOI) kontrollieren.

„Gutgläubige und schlecht informierte Bürger kommen um Milliarden Kronen für Waren von minderer Qualität – Gebrauchtwagen, die obendrein umweltschädlich und gefährlich nicht nur für die Käufer selbst, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer sind“, so Mládek. Dem will der Minister mit einem Maßnahmenpaket entgegenwirken. So soll einerseits Tacho-Manipulation als Straftat gelten, für die dem Täter eine Gefängnisstrafe droht, andererseits sollen die Käufer von Gebrauchtwagen besser informiert werden, zum Beispiel durch eine Ausweitung der Auskunftspflicht der Verkäufer.

Der Präsident des tschechischen Automobilklubs ÚAMK Oldřich Vaníček geht noch weiter. Er fordert eine gesamteuropäische Initiative. Mehrere europäische Autoklubs haben bereits damit begonnen, an der Einführung einer grenzübergreifenden Kilometerdatenbank zu arbeiten, mit deren Hilfe Verbraucher den Kilometerstand eines Wagens im Herkunftsland zurückverfolgen können.

Die tschechischen Verkehrsbehörden sollen von kommendem Jahr an außerdem Zugang zur europäischen Datenbank Eucaris haben. Sie will den Behörden allerdings hauptsächlich den Kampf gegen Autodiebstahl und Betrug bei der Registrierung erleichtern und bietet eher wenig Möglichkeiten, gegen Tacho-Schwindler vorzugehen. Gebrauchtwagen-Käufern empfiehlt der ÚAMK daher, sich nicht auf den angezeigten Kilometerstand zu verlassen und Autos vor dem Kauf genau unter die Lupe zu nehmen.