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Langes Warten auf „unsere Deutschen“

Langes Warten auf „unsere Deutschen“

Die Ausstellung in Ústí nad Labem soll 2018 eröffnen – Collegium Bohemicum sucht neuen Direktor

15. 12. 2016 - Text: Corinna Anton

Was ist eigentlich aus der Ausstellung in Ústí nad Labem geworden? Die Frage kommt in der Redaktion immer wieder mal auf. Dann fragt man beim Collegium Bohemicum nach, bekommt aber keine Antwort. Oder hört, dass es nun aber wirklich bald soweit sei. So geht das schon seit ein paar Jahren. Denn die groß angelegte Dauerausstellung mit dem Titel „Unsere Deutschen“ sollte bereits seit 2012 im Stadtmuseum von Ústí nad Labem die „Geschichte der deutschsprachigen Bewohner der böhmischen Länder“ erzählen.

Man ist daher ein bisschen skeptisch geworden, wenn man nun hört, dass es jetzt aber wirklich „in die letzte Realisationsphase“ gehe. Zumal gleichzeitig bekannt wurde, dass die bisherige Direktorin des Collegium Bohemicum und Kuratorin der Ausstellung Blanka Mouralová ihr Amt abgeben musste. Mehr als skeptisch waren auch manche tschechische Medien. „Ausstellung für 50 Millionen in Gefahr?“, fragte etwa die Zeitung „Lidové noviny“.

Die Frage verneint Tomáš Okurka, Mouralovás kommis­sarischer Nachfolger als Direktor. „Im Gegenteil“, sagt er gegenüber der „Prager Zeitung“. Durch den Wechsel an der Spitze habe sich die Kommunikation verbessert und die Zusammenarbeit zwischen Direktor und Verwaltungsrat sei „wieder­hergestellt“ worden. In der offiziellen Mitteilung heißt es: „Im Hinblick auf die Höhe der Finanzmittel, die der Staat für die Realisierung der Ausstellung bereitstellt“, und um größtmögliche Transparenz zu wahren, habe der Verwaltungsrat entschieden, die Posi­tion des Direktors öffentlich auszuschreiben. Aufgrund der „Komplexität des Projekts“ sei „eine Kumulation der Funktionen Direktor/in und Kurator/in der Ausstellung nicht vereinbar“.

„Europäische Bedeutung“
Und was bedeutet das für die Schau, die seit Jahren in Arbeit ist? Bereits im Juli 2014 schrieb die PZ, dass mithilfe des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds schon Exponate angeschafft werden konnten. „Sechs Millionen Kronen (knapp 220.000 Euro) stellte der Stiftungsfonds für Archivalien, Bücher, Museumsgegenstände und Konservierungs- sowie Doku­mentationsarbeiten zur Verfügung. Mehr als 400 Exponate warten auf ihre Präsentation.“

Was wird nun aus ihnen? „Sowohl ich als auch der Verwaltungsrat haben ein Interesse daran, dass sich an der Fertigstellung das Autorenkollektiv beteiligt, das den Entwurf ausgearbeitet hat“, sagt Okurka. „Wir wollen auch, dass wie bisher Blanka Mouralová dieses Team leitet. Die Verhandlungen über die weitere Zusammenarbeit laufen noch.“

Die Ausstellung besteht bisher in Form eines dreidimensionalen Modells. Auf einer Gesamtfläche vom 1.500 Quadrat­metern soll laut Collegium Bohemicum ein „Museum von europäischer Bedeutung“ entstehen, dessen Schwerpunkt auf der Geschichte der deutschsprachigen Bewohner liegt, die über Jahrhunderte „den Kulturraum unseres Landes mitgestaltet“ haben. Thematisiert werden soll auch das Zusammenleben von Deutschen und Tschechen, und das alles vom Mittelalter bis zur Gegenwart, das heißt bis zu den Vertriebenen und ihren Nachfahren. Auch für Besucher aus Deutschland und Österreich soll die Ausstellung zum Ausflugsziel werden – wenn sie denn ­irgendwann fertig wird.

Lange warteten die Initiatoren zuletzt auf eine Entscheidung des Kulturministeriums, das Gelder für das Projekt bewilligen sollte. Erst in diesem Jahr stellte es 50,5 Millionen Kronen für die Dauerausstellung bereit. Dass die Schau eingerichtet wird, ist eine der Bedingungen dafür, dass die Stadt Ústí nad Labem für die Renovierung des Museums Gelder aus europäischen Fördertöpfen erhielt. Scheitert der Plan, müsste sie etwa 300 Millionen Kronen (rund elf Millionen Euro) zurückzahlen.

Okurka zufolge wird es so weit nicht kommen. „Ich möchte betonen, dass niemand im Verwaltungsrat den Inhalt oder die ideelle Ausrichtung der Schau angezweifelt hat.“ Das Projekt solle so vollendet werden, wie es das Konzept vorsieht – und zwar spätestens 2018. Falls die Schau im übernächsten Jahr tatsächlich eröffnen sollte, dann müsste man wohl auch der anscheinend unendlichen Entstehungs­geschichte der Ausstellung ein eigenes Kapitel widmen.