Schwer zu greifen

Schwer zu greifen

Das Kunst-Festival „4+4 Tage in Bewegung“ lässt den Zeitgeist in alten Gemäuern spuken

30. 9. 2015 - Text: Katharina WiegmannText: Katharina Wiegmann, Foto: Michal Hančlovský

Was haben eine ehemalige Kläranlage in Bubeneč, eine alte Brauerei in Holešovice und ein vormals als Casino genutztes Gebäude in der eleganten Pariser Straße gemeinsam? Sie alle waren schon Schauplatz des Festivals „4+4 dny v pohybu“ („4+4 Tage in Bewegung“). Ziel des Anlasses ist es, dem Publikum eine Auswahl der spannendsten Produktionen zeitgenössischen Tanzes, Theaters und audiovisueller Kunst zu präsentieren – und dabei jährlich abwechselnd ein altehrwürdiges Gebäude aus der urbanen Versenkung zurück ins Gedächtnis der Stadtbewohner zu holen.

Das Festival feiert zwischen 2. und 10. Oktober bereits sein 20. Jubiläum. Performt, ausgestellt und diskutiert wird im und am 1845 erstellten und inzwischen ungenutzten Palais Desfours unweit der Metrostation Florenc. Außerdem zeigen die nahegelegenen Theater „Jatka78“, „Archa“ und „Ponec“ rund ein Dutzend Tanz- und Schauspielproduktionen aus dem In- und Ausland. Und auch der städtische Raum selbst ist Thema und Bühne. Zum Beispiel für die „Asphalt Piloten“, ein Schweizer Kollektiv, das unter dem Motto „Tape Riot“ Stadtarchitektur zur Leinwand für geometrische Formen und Motive aus Klebeband macht. Daraus entwickelt das Ensemble eine Kulisse für seine expressionistischen Tanz-Vorführungen (8. Oktober, 19 Uhr & 9. Oktober, 17 Uhr, Palais Desfours).

Wie es geht „nichts zu wollen und nur zu sein“, darüber haben 60 tschechische und internationale Künstler nachgedacht, deren Werke bei einer Ausstellung über zwei Stockwerke im Festival-Hauptquartier zu sehen sein werden. In einer Gruppendiskussion und unter psychologischer Anleitung kann nach dem Besuch über Wollen und Sein sinniert werden (5. & 9. Oktober, 18 Uhr, Palais Desfours).
Wer die Aufarbeitung abstrakter Konzepte lieber anderen überlässt und in der Zuschauer­rolle verbleiben möchte, dem sei beispielsweise die dadaistisch inspirierte Performance „Nichts ist alles“ der belgischen „Zita Swoon Group“ empfohlen (2. Oktober, 19.30 Uhr, Theater Archa). Den abschließenden Höhepunkt bietet eine einmalige Kooperation führender tschechischer und slowakischer Theatermacher, Tänzer und Musiker wie „Handa Gote“, „Please the Trees“, „420People“ oder „Mamapapabanda“. „Plug & Play“ wird im Programm als ein „schwer zu definierender Abend“ beschrieben – aber auch als spannender Dialog zwischen den Genres Musik, Theater und Tanz (10. Oktober, 20 Uhr, Theater Archa).

Das Palais Desfours wird in den acht Tagen des Festival­betriebs eine Bar beheimaten, in der das Gesehene bei einer Erfrischung diskutiert werden kann. Ebenso öffnen die Buchhandlungen „Page 5“ und „Artmap“ vorübergehend Filialen in der Festivalzentrale. Der einst repräsentative Bau wird so zumindest für ein paar Tage wieder voller Leben sein.

4+4 dny v pohybu. 2. bis 10. Oktober, Desfourský palác, Na Florenci 21 (Prag 1), mehr Informationen zum Programm und Tickets unter www.ctyridny.cz