Streitfall unterm Hammer

Streitfall unterm Hammer

Das Prager Nationaltheater erhält nach über 20 Jahren sein Betriebsgebäude zurück

18. 5. 2016 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Národní divadlo

Nach vielen Jahren ist das ehemalige Betriebsgebäude des Prager Nationaltheaters wieder in Besitz der größten Bühne des Landes. Für 290 Millionen Kronen (etwa 10,7 Millionen Euro) ersteigerte das Nationaltheater am Donnerstag vergangener Woche den modernen Bau. Mit seinem Gebot setzte es sich gegenüber zwei Mitbietern durch und übertraf den Startpreis von 87 Millionen Kronen (rund 3,2 Millionen Euro) deutlich. Das lange ungenutzte Gebäude war zur Versteigerung freigegeben worden, da sein bisheriger Eigentümer, die Firma Themos, Insolvenz angemeldet hatte. Mit der Auktion endet ein jahre­langer Rechtsstreit.

Der Direktor des Nationaltheaters Jan Burian zeigte sich erleichtert nach der Versteigerung. „Wir danken der gesamten Regierung. Sie hat es ermöglicht, dass das Nationaltheater das Gebäude zurückbekommt, das von Anfang an Bestandteil des Theaters war.“ Über die Höhe der staatlichen Unterstützung wollte Burian sich nicht äußern. „Den Betrag kann ich nicht offenlegen. Wir sind froh, dass wir es geschafft haben.“ Bis 13. Juni muss das Nationaltheater die Summe zahlen, danach geht das Gebäude in den Eigentum der Kulturinstitution über.

Laut Burian habe es keine andere Möglichkeit gegeben, als das Gebäude zurückzugewinnen. Die Ersteigerung bezeichnete er als logischen Schritt, auch weil das Nationaltheater die Räume des Kolowrat-Theaters am Prager Obstmarkt nicht mehr nutzen kann und Ende dieser Spielzeit die Oper aufgrund von Umbauarbeiten schließen muss. „Irgendein Gebäude hätten wir finden müssen. Im Stadtzentrum ist das nicht einfach“, meint Burian. Mit dem National­theater bilde der Bau hinter der Nová scéna auch eine funktionelle Einheit, so der Direktor.

Zunächst müsse das Gebäude provisorisch instand gesetzt werden, damit die Oper ihren Betrieb hinein verlegen kann, wie Burian sagt. Danach würde mit der Renovierung des gesamten Baus begonnen, dessen Zustand Burian als „relativ in Ordnung“ beschreibt. In Zukunft sollen dort auch Räume für Zuschauer und Proben entstehen.

Der Streit um das Betriebs­gebäude begann bereits im Jahr 1990. Im Zuge der Kirchenrestitution hatte der Orden der Ursulinen, dessen Kloster sich unmittelbar neben der Nová scéna befunden hatte, das Grundstück mit dem Bau erhalten – ein „Fehler im Gesetz“, wie Burian sagt. Später stellte sich tatsächlich heraus, dass den Ursulinen die Immobilie fälschlicherweise zugesprochen wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Orden das Gebäude bereits an die Firma Themos verkauft. Diese drängte das Nationaltheater zum Auszug. Die Regierung dagegen bestand auf Enteignung des Unternehmens. Das Nationaltheater klagte vor Gericht seine Rechte ein.

Mit der Insolvenz von Themos im Jahr 2013 wurde das Gebäude zum Gegenstand eines Konkursverfahrens. Der Insolvenzverwalter gab es schließlich zur Versteigerung frei. Das Grundstück bleibt weiterhin in Besitz der Ursulinen. Für Burian bedeute das keine Komplikationen. Dem Orden gehöre auch der Grund unter anderen Gebäuden des Nationaltheaters, so Burian. Zu den Ursulinen unterhalte seine Bühne gute Beziehungen.