Toleranz gewinnt

Toleranz gewinnt

Die Organisation PROUD verleiht Auszeichnungen – und einen Antipreis

25. 5. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: Katharina Wiegmann; Foto: WestGuru/CC BY-SA 4.0

Der Taxidienst Modrý anděl, ein Seifenhersteller, eine Anwaltskanzlei – Toleranz kennt keine Grenzen, und so kamen die Nominierten für den Preis „bePROUD“ („sei stolz“) aus den unterschiedlichsten Bereichen. Gesucht wurden Arbeitgeber, die sich um die Rechte von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen verdient gemacht haben – und zwar „durch Offenheit und Nichtdiskriminierung“, wie die Organisation PROUD erklärt, die den Preis am Dienstag vergangener Woche zum fünften Mal verliehen hat.

Arbeitgeber können ihr Entgegenkommen beispielsweise zeigen, indem sie Mitarbeitern auch für die Kinder ihrer gleichgeschlechtlichen Partner Elternzeit gewähren, wenn das Paar in einer registrierten Partnerschaft lebt. Auch ein freier Tag anlässlich der Verpartnerung kann Akzeptanz signalisieren. Eine wichtige Rolle spielt zudem, wie die Geschäftsführung auf ein Coming-out reagiert oder wie sie sich über sexuelle Identitäten und Orientierungen äußert.

Das Unternehmen Vodafone wurde von der PROUD-Jury als vorbildlich empfunden. Als eine von wenigen Firmen hat der Mobilfunkanbieter einen eigenen Kodex zum Umgang mit LGBT-Mitarbeitern. Zusatzleistungen für Familienmitglieder werden auch LGBT-Eltern gewährt.

Die ebenfalls ausgezeichnete „Gesellschaft für queere Erinnerung“ („Společnost pro queer paměť“) will die Aufmerksamkeit auf einen anderen Lebensabschnitt lenken. Seit 2015 betreibt sie das Zentrum für queere Erinnerung in Prag als Forschungsstätte, Bibliothek und Museum für die Geschichte von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen in Tschechien. Nicht zuletzt soll die Institution in Pankrác auch ein Treffpunkt sein, an dem Lebensgeschichten aufgenommen und archiviert werden.

Für ihr langjähriges Engagement wurde Ärztin Džamila Stehlíková geehrt, die bereits seit Beginn der Neunziger für die Rechte sexueller Minderheiten kämpft. Als Ministerin für Menschenrechte und Minderheiten in den Jahren 2007 bis 2009 trug sie zur Verabschiedung des Anti­diskriminierungsgesetzes bei und verantwortete Studien zur Lebenswirklichkeit von LGBT-Gruppen. Daraus leitete sie unter anderem die Empfehlung an die Regierung ab, die Adoption in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu erlauben. Bislang ist das in Tschechien nicht möglich.

Dass es noch immer Widerstände auf dem Weg zu Gleichstellung und Toleranz gibt, zeigt der Antipreis „protiPROUD“. Er ging an den stellvertretenden Vorsitzenden der „Psychologischen Gesellschaft Böhmens und Mährens“ („Českomoravská psychologická společnost“) Jaroslav Šturma. Er habe sich öffentlich immer wieder negativ über das Sorgerecht von schwulen und lesbischen Eltern geäußert, so der Vorstand von PROUD. „Jedes Jahr hoffen wir, dass niemand mehr nominiert wird“, sagte PROUD-Geschäftsführer Zdeněk Sloboda. Es sei jedoch offensichtlich, dass es in der tschechischen Gesellschaft noch immer genug Kandidaten gebe.